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Brandenburg: Lärmschutz gefährdet Flughafenpläne

Verkehrsministerium hofft, dass neues Gesetz noch nicht für Schönefeld gilt. Gegner des Ausbaus sehen neue Chancen für Widerstand gegen das Projekt

Mahlow - Der Zeitplan für den Bau eines Großflughafens in Schönefeld ist erneut gefährdet. Zwar wird mit der Baugenehmigung – dem so genannten Planfeststellungsbeschluss – in zwei Monaten gerechnet, doch dann muss sich das Bundesverwaltungsgericht mit wahrscheinlich mehreren hundert Klagen von Anwohnern befassen. Da sich die Verhandlungen das ganze Jahr 2005 und vielleicht bis 2006 hinziehen werden, gilt dann möglicherweise schon ein neues Fluglärmgesetz. Es sieht für Anwohner von neuen Flughäfen tagsüber eine zulässige Belastung von 65 gegenüber jetzt geltenden 75 Dezibel vor. Nachts sind noch niedrigere Werte geplant. Halten sich die Richter am Bundesverwaltungsgericht an das neue Gesetz, wären die bisherigen Flughafen-Planungen teilweise hinfällig. 2010 soll der Airport eigentlich in Betrieb gehen.

„Wir verfallen aber noch nicht in Panik“, sagt Rainer Bretschneider, Chef der Planfeststellungsbehörde für den Flughafenbau im Brandenburger Verkehrsministerium. „Gesetze dauern in Deutschland immer lange. Und selbst in der Regierung soll es ja Widerstände gegen den Gesetzentwurf aus dem Bundesumweltministerium geben.“ Er hoffe, dass das Bundesverwaltungsgericht die Flughafenplanung als Altfall betrachtet, selbst wenn dann schon ein neues Lärmgesetz gelte. Am Mittwoch waren Pläne für ein neues Gesetz aus dem Bundesumweltministerium bekannt geworden. Es soll die Verordnungen von 1971 ablösen. Vor allem im Verkehrs-, Finanz- und im Verteidigungsministerium gibt es Widerstände gegen eine Verschärfung der Gesetze.

Die Gegner eines Flughafenausbaus in Schönefeld sehen neue Chancen. In seinem Mahlower Büro war der Bürgerverein Berlin-Brandenburg, der den Widerstand organisiert, gestern schon am Rechnen. „Wir können noch nicht genau sagen, wie viele Einwohner bei einem neuen Gesetz zusätzlich Ansprüche auf Schallschutz in ihren Häusern haben“, sagte Sprecher Peter Stange. „Aber es sind wohl einige Tausend Menschen zwischen Ludwigsfelde, den südlichen Berliner Stadtteilen und Grünheide im Osten. Vielleicht kommen wir auf 200 000 Einwohner und damit 60 000 mehr als bislang angenommen.“ Die zusätzlichen Kosten für besondere Fenster müssten die Investoren – also der Steuerzahler – oder die Fluggesellschaften tragen.

„Es wäre eine moralische Unverfrorenheit, falls der Großflughafen nicht nach einem neuen Lärmgesetz beurteilt würde“, kritisiert der Lärmexperte Christian Maschke, Privatdozent an der TU Berlin. „Wir Wissenschaftler können immer nur auf das Risiko von Fluglärm auf die Gesundheit aufmerksam machen. Die Politik muss entscheiden, ob sie die Mobilität unserer Gesellschaft als höher einstuft.“ Er sei skeptisch, ob das neue Gesetz rasch Kabinett und Bundestag passiert. „Es wäre im Interesse der Gesundheit angeraten“, meint Maschke.

Neue Lärm-Grenzwerte hätten auch Auswirkungen auf den geplanten Bombenabwurfplatz bei Wittstock. Auf dem „Bombodrom“ werden zwar keine Flugzeuge starten und landen, aber beim Training überfliegen die Tornados bewohnte Gebiete in niedriger Höhe mit entsprechendem Krach. Die meisten Klagen von Einwohnern, Hoteliers und Landwirten waren mit starker Lärmbelastung begründet worden.

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