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Brandenburg: Landesgartenschau: Wehmut in der Gartenstadt

"Über dem schönen gerahmten Stück Brandenburg liegt etwas Wehmut". Harry Müller, Bürgermeister der 60 Kilometer südlich Berlins gelegenen Kleinstadt Luckau, klingt nicht nur bei diesem Satz etwas sentimental.

"Über dem schönen gerahmten Stück Brandenburg liegt etwas Wehmut". Harry Müller, Bürgermeister der 60 Kilometer südlich Berlins gelegenen Kleinstadt Luckau, klingt nicht nur bei diesem Satz etwas sentimental. Dabei war gar kein Unglück oder ein sonstiges unvorhergesehenes Ereignis passiert. Müller zählt nur die Tage bis zum kommenden Sonntag. Denn dann schließt die erste Brandenburger Landesgartenschau nach 177-tägiger Dauer ihre Pforten. Mehr als 420 000 Besucher aus ganz Deutschland und vielen Ländern der Erde strömten in das herausgeputzte Städtchen mit seiner Blütenpracht: 150 000 Blumen wiesen den Weg vom Stadtzentrum an der Stadtmauer vorbei zum neuen Park. Besondere Attraktionen waren die 20 Gärten an der Stadtmauer, die 15 Hallenschauen und das umfangreiche Veranstaltungsprogramm.

Ab kommenden Montag kehrt wieder der Alltag ein, womit sich offensichtlich neben dem Bürgermeister viele nicht so leicht abfinden mögen. Auch in Gaststätten, Cafes und Bäckerläden, im Spreewaldkahn auf dem Stadtgraben, in den Blumenhallen oder in der Stadtinformation wird das Ende der Euphorie bedauert.

Die heutige Stimmung wird am besten beim Vergleich mit drei Jahre alten Fotos vom Luckauer Zentrum deutlich. Graue und zerfallene Fassaden, hässliche Lücken in den Häuserzeilen, holprige Straßen - kein lohnendes Ziel. Jetzt aber strahlen die meisten alten Bürgerhäuser am Markt in alter Pracht, die einst stinkende Kloake an der Stadtmauer wurde zur Attraktion, private Gärten stehen jedermann offen, Blumenkästen schmücken selbst enge Gassen.

Die Zahlen belegen, wie der vorherige Dornröschenschlaf beendet wurde. 50 Millionen Mark aus öffentlichen Kassen kostete die Stadtsanierung, aus privater Hand kam schätzungsweise noch einmal das Doppelte hinzu. 9,5 Millionen Mark steckten im Haushalt der Landesgartenschau, davon stammten 2,3 Millionen Mark aus Lotto-Mitteln. "Viele Einwohner waren selbst überrascht, wie schön ihre Stadt plötzlich ist", sagt Bürgermeister Müller. "Dabei hatten sie es größtenteils selbst bewirkt." Die Gartenschau bedeutete zweifellos das große Los für den kleinen Ort mit seinen 6000 Einwohnern. Immerhin sank die Arbeitslosenquote dank vieler neuer Jobs in der Bauwirtschaft und im Tourismus von 18 auf zwölf Prozent. Die etwa 1000 Gästebetten in der Umgebung - in der Stadt selbst scheiterte ein Hotelbau - waren zu 90 Prozent ausgelastet. Sonst liegt der Schnitt zwischen 20 und 30 Prozent.

Doch obwohl jetzt die beiden großen Blumenhallen endgültig ausgeräumt, einige Rabatten nicht mehr im bisherigen Umfang nachgepflanzt und die privaten Gärten an der Stadtmauer wahrscheinlich geschlossen werden, besteht für Panik oder gar Trauerstimmung im Vergleich zu anderen Städten gar kein Anlass. Denn das einst höchstens durch seine Frauenhaftanstalt überregional bekannte Luckau bleibt auch 2001 im Gespräch. Die schönste Blumenstadt Europas könnte bald Luckau heißen. Wie die Pressestelle der Landesgartenschau (LAGA) am Montag mitteilte, wurde Luckau (Kreis Dahme-Spreewald) als deutscher Vertreter für den europäischen Wettbewerb "Entente Florale 2001" nominiert. Der Preis werde an Städte verliehen, die durch Grünflächen, Pflanzen und Blumen ein lebenswertes Wohn- und Arbeitsumfeld schaffen. Die Gewinner des Wettbewerbs, der seit 1975 jährlich stattfindet, werden laut LAGA am 15. September bekannt gegeben. Außerdem findet am ersten Septemberwochenende auf dem Luckauer Markt der nächste Brandenburg-Tag statt. Es gibt die Niederlausitzer Leistungsschau, das Musik- und Heimatfest und viele andere Veranstaltungen. Obendrein bleibt der Ort eine Blumenstadt, denn 400 000 Mark jährlich sind im Haushalt für die Pflege der neuen Anlagen eingeplant.

Der Abschied von der Landesgartenschau wird am Sonnabend mit der Landeshubertusjagd gefeiert. Sechzig Reiter, sieben Kutschen und zwanzig Kremser stellen sich ab 10.45 Uhr auf dem Markt vor. Gegen 15 Uhr trifft die Jagdgesellschaft im Stadtpark ein, wo die Staffelübergabe an die nächste Ausrichterstadt einer Landesgartenschau erfolgt. Sie beginnt im Frühjahr 2002 in Eberswalde. Davor liegt die Bundesgartenschau in Potsdam. An diesem Sonntag besteht zwischen 9 Uhr und dem Einbruch der Dunkelheit die letzte Besuchsmöglichkeit im Stadtpark und am Schlossberg.

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