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Brandenburg: Lothar Bisky als Fraktionsführer kritisiert PDS-Abgeordneter: Stagnation, Innovationsfeindlichkeit

Potsdam. Der Zeitpunkt kommt für Lothar Bisky denkbar ungünstig.

Potsdam. Der Zeitpunkt kommt für Lothar Bisky denkbar ungünstig. Ausgerechnet jetzt, da der PDS-Fraktionschef die Bundespartei aus der Krise führen soll, wird aus der eigenen Fraktion Kritik an seiner Führung laut. Der Abgeordnete Andreas Trunschke, einer der klugen und kritischen Köpfe in der Fraktion, brach auf der Regionalkonferenz der PDS Berlin/Brandenburg am Wochenende in Potsdam mit einem Tabu: Er forderte die Fraktion auf, mit sich selbst ins Gericht zu gehen, „auch wenn es weh tut“. Bislang suchten die Genossen die Schuld für die schwindende Akzeptanz auch der Brandenburger PDS allein beim Bundesvorstand.

Trunschkes Kritik im Kern: Die Fraktion ist stehen geblieben. Während sich die Gesellschaft dynamisch entwickle, arbeite und denke die Fraktion im wesentlichen „wie es vor 13 Jahren konzipiert worden war“. Der PDS-Politiker sprach auf der Regionalkonferenz von „Stagnation, Innovationsfeindlichkeit, Demotivation“. Es fehle an Visionen und einer klaren Strategie. Dies könne nur mit einer Führungskrise erklärt werden. Das trifft, auch wenn Trunschke keinen Namen nannte, Lothar Bisky und dessen Stellvertreter Heinz Vietze. Beide führen die Fraktion, seit es sie gibt; der eine als Moderator, der andere als gewiefter Strippenzieher. Verschleißerscheinungen sind mit den Jahren nicht mehr zu übersehe.

Schon auf der letzten Fraktionssitzung hatte Trunschke kein Hehl daraus gemacht, dass Bisky im Falle seiner Wahl zum Bundeschef der PDS den Fraktionsvorsitz abgeben sollte. Die Doppelbelastung sei für die Fraktion nicht gut. Auf der Regionalkonferenz setzte er noch eins drauf: Die Fraktion brauche „ein modernes Management“. Der Versuch, den mit 50 Mitarbeitern quasi mittelständischen Betrieb „als Runden Tisch mit informellen Kreisen und in einem starren Organisationsrahmen zu leiten“, sei jedenfalls gescheitert.

Deshalb müsse sich die Fraktion endlich zu notwendigen Veränderungen – konzeptionell, organisatorisch, mental und auch personell - aufraffen. Eine klare Aufforderung an Bisky und Vietze, den Weg für eine allumfassende Erneuerung freizumachen, rechtzeitig vor der Landtagswahl 2004.

Trunschkes Befürchtung: Die Fraktion könnte sonst halbiert werden. Jüngst hatte bereits die Abgeordnete Dagmar Enkelmann ihre Bereitschaft erklärt, den Fraktionsvorsitz zu übernehmen, war aber bei Vietze und PDS-Landeschef Ralf Christoffers damit auf Granit gestoßen. Sollte Bisky nächsten Monat nach Berlin wechseln, wird jedoch kein Weg an der Erneuerung vorbeiführen.

Michael Mara

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