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Das Land ist mit der Sanierung der brandenburgischen Straßen überfordert.

© ddp

Marode Landesstraßen: Schlaglochpisten zu verschenken

Brandenburg will marode Straßen und Radwege verschenken. Kreise und Kommunen sollen die Verantwortung übernehmen. Der Verkehrsminister verspricht: Wer zustimmt, bekommt Fördergeld.

Diese neuen Pläne für eine „Herabstufung“ von Landesstraßen, mit deren Sanierung und Unterhalt sich das klamme Land zunehmend überfordert sieht, hat Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) jetzt dem Tagesspiegel bestätigt. „Es gilt dabei zunächst das Prinzip der Freiwilligkeit.“

Im Klartext: Damit die Landkreise und Kommunen die Holperpisten auch annehmen, will Vogelsänger diese mit großzügigen Förderungen zur Sanierung ködern. Bei Straßen würde das Ministerium 90 Prozent der Kosten übernehmen, bei Radwegen 75 Prozent. Zwar müsse das Land kurzfristig einmal investieren, spare aber langfristig Millionen, „das ist die Philosophie.“ Zu Größenordnungen hält sich Vogelsänger bedeckt. Es sei denkbar, 2012 auf diesem Wege zwischen 50 und 100 Kilometer Trassen abzugeben.

Es geht vor allem um das rund 5700 Kilometer lange Landes-Netz, von dem die Hälfte in miserablem Zustand ist. Der Landesrechnungshof hatte bereits 2004 und 2008 gerügt, dass insbesondere dort der Substanzverlust fortschreitet, weil zu wenig in Unterhalt, Instandsetzung und Sanierung investiert wird. Und dabei hat Brandenburg auch im ostdeutschen Vergleich überproportional viele Landesstraßen, in Mecklenburg-Vorpommern sind es nur 3260 Kilometer, in Sachsen-Anhalt 3550 Kilometer, in Sachsen 4500 Kilometer. Das Kreisnetz in Brandenburg ist dagegen mit 3000 Kilometern deutlich kleiner.

Sanierung nur bei Übernahme – darauf läuft das Vogelsänger-Modell de facto hinaus. Mit ersten Kreisen und Kommunen, in denen der Frust über mit Schlaglöchern gespickte Pisten besonders groß ist, ist sich der Verkehrsminister nach eigenen Worten bereits handelseinig: So wolle die Uckermark eine Straße in Richtung der Wolletz-Kliniken übernehmen, Teltow-Fläming einen Radweg bei Thyrow, den viele Schulkinder benutzen. Auch vom  Teltower Rathaus gibt es schon länger Bestrebungen, dem Land die an vielen Stellen aufgerissene Ruhlsdorfer Straße abzunehmen, die seit Jahren auf eine Sanierung wartet.

Während Finanzministerium und Rechnungshof die „vergoldete“ Abstoß-Offensive befürworten, reagieren die kommunalen Spitzenverbände säuerlich. Wenn man Straßen abgebe, „muss man sie vorher zu einhundert Prozent sanieren“, sagt Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds. „Wir halten von dem Modell nichts.“ Es mag vereinzelt Ausnahmen geben, sagt Paul-Peter Humpert, Geschäftsführer des Landkreistages, der auf die finanzielle Schieflage der meisten Landkreise verweist, die Eigenanteile nicht aufbringen könnten. Sein Kommentar: „Ein Danaergeschenk.“

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