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Brandenburg: Mehr Ideen gefragt

ClausDieter Steyer über die tiefe Krise im Brandenburger Tourismus ANGEMARKT Klare Luft, strahlende Sonne, schnell hinaus, lasst uns rausfahren. Tausende müssen gestern so gedacht haben, in Parks, auf Wanderwegen, im Spreewald oder auf den Oder- und Elbedeichen gab es ein regelrechtes Gewimmel.

ClausDieter Steyer über die tiefe Krise im Brandenburger Tourismus

ANGEMARKT

Klare Luft, strahlende Sonne, schnell hinaus, lasst uns rausfahren. Tausende müssen gestern so gedacht haben, in Parks, auf Wanderwegen, im Spreewald oder auf den Oder- und Elbedeichen gab es ein regelrechtes Gewimmel. Doch mancher lustvoll begonnene Ausflug bekam zur Mittags- oder Kaffeezeit einen herben Dämpfer versetzt: Wenn man das geschätzte Lokal, die geheime Gaststätte im Grünen oder das für seine Spezialitäten noch im Herbst gerühmte Fischrestaurant besuchte, war es geschlossen – oder nicht mehr so gut wie damals.

Die Erklärung ist bitter: Das Brandenburger Gastgewerbe steckt in der größten Krise seit 1990. Zwei Drittel der 5500 Betriebe stehen vor der Insolvenz. Rund 200 Gasthäuser werden nach der Winterpause nicht wieder öffnen, lauten vorsichtige Schätzungen. Schon im Vorjahr verschwanden Hotels mit insgesamt 2000 Betten sang- und klanglos von der Landkarte. Jede Pleite vernichtet auch in dieser Branche viele Arbeitsplätze. Ein Drittel der 33 000 Jobs sind im höchsten Maße gefährdet. Betroffen sind nicht nur kleine Restaurants wie das „Haus am Dolgensee“, sondern auch große Betriebe, wie das Feriendorf „Marina Wolfsbruch“ bei Rheinsberg. Wer von den Wirten und Hoteliers durchhalten will oder muss, nimmt zwangsläufig Abstriche an Qualität und Service in Kauf. Der unheilvolle Kreislauf beginnt, denn dann bleiben die Gäste erst recht weg.

Gewiss leiden auch andere Regionen unter den Einbrüchen im Tagungstourismus und der gedämpften Lust auf ein Restaurant oder auf ein Wochenende im Hotel. Doch es gibt auch viele hausgemachte Gründe für die Einbußen. Die noch bis vor drei Jahren großzügig ausgereichten Kredite und Fördermittel für neue Häuser selbst in unattraktiven Gegenden erweisen sich jetzt als riesige Last. Die Einnahmen reichen gerade noch für die laufenden Kosten, an die Rückzahlung der Kredite ist nicht zu denken. Auf Werbung wird verzichtet, ebenso auf die Ausbildung von Nachwuchs. Geld fehlt für Investitionen in Neuheiten, mit denen man die Berliner am Wochenende anlocken könnte. Bei dem Überangebot an Freizeitangeboten in der Großstadt müssen sich die Brandenburger schon etwas Besonderes ausdenken. Eine Sauna allein macht nun mal ein Hotel noch nicht zum Wellness-Tempel, vergammelte Hotel-Fahrräder mindern die Freude am Ausflug und das mitgebrachte Essen für ein Picknick schmeckt immer noch besser als Speisen aus der Mikrowelle. Bei allem Trübsinn mangelt es nicht an guten Ideen. Die klingen mitunter etwas verwegen, wie der Aufbau eines Skisprungzentrums oder die speziell auf Inline-Skater ausgerichteten Gasthäuser entlang der Asphalt-Strecke im Fläming. Andere Betriebe werben um die wachsende Zahl von Behinderten oder bieten Pakete mit nahen Thermalbädern an.

Das allein wird die Krise zwar nicht beenden, aber zumindest weitere Enttäuschungen beim nächsten schönen Ausflugswetter in Grenzen halten.

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