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Brandenburg: Minister Dreher stößt Fusionsdebatte neu an

POTSDAM . "Die Region Berlin-Brandenburg braucht eine Wirtschaftspolitik aus einem Guß.

POTSDAM . "Die Region Berlin-Brandenburg braucht eine Wirtschaftspolitik aus einem Guß." Dies fordert Brandenburgs scheidender Wirtschaftsminister Burkhard Dreher (SPD). Nach seiner Meinung müssen beide Länder stärker an einem Strang ziehen, um die Chance ihrer geographischen Lage besser zu nutzen. Zum Beispiel könne man die Wirtschaftsfördermittel bündeln und Betriebe, die die Region verlassen oder sich hier ansiedeln wollten, gemeinsam beraten. Dreher hält einen neuen Fusionsanlauf für unverzichtbar: Eine gemeinsame Wirtschaftspolitik lasse sich am besten in einem Land verwirklichen. Drehers Forderung nach engerer Kooperation mit Berlin stieß bei der Opposition auf Zustimmung.

Eine engere Abstimmung der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik beider Länder sei dringend erforderlich, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der PDS-Fraktion, Ralf Christoffers. Er glaube wie Dreher, daß dies in einem Land am besten geschehen könne. Die PDS habe 1996 den Neugliederungs-Staatsvertrag zwar abgelehnt, sich jedoch nicht grundsätzlich gegen eine Fusion ausgesprochen, fügte Christoffers hinzu. CDU-Fraktionschef Wolfgang Hackel betonte ebenfalls, daß beide Länder die einmalige Chance einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik nicht genutzt hätten. "Es gibt mehr Unterschiede und Differenzen als Gemeinsamkeiten." Das wirke sich negativ aus. Zugleich rügte Hackel die widersprüchliche Haltung der Regierung in dieser Frage: Ministerpräsident Stolpe scheue ein klares Wort und wolle den Zeitpunkt eines neuen Fusionsanlaufs immer weiter hinausschieben. Bauminister Hartmut Meyer schüre in seinem Wahlkreis sogar eine Anti-Fusions-Stimmung. Die SPD sollte endlich sagen, was sie wirklich wolle, so Hackel.

Im Entwurf des Landtagswahlprogramms der SPD fehlen konkrete Aussagen zur Länderfusion. Zwar wird gefordert, die Kooperation mit Berlin zu intensivieren, zugleich aber einschränkend vermerkt, Bedingung für einen neuen Fusionsanlauf sei, "daß die Bevölkerung in beiden Ländern diesen Weg als Möglichkeit für die Verbesserung der eigenen Lebenssituation erkennt". Im CDU-Wahlprogramm heißt es hingegen, daß Anfang des neuen Jahrhunderts ein neuer Anlauf zur Länderehe erfolgen sollte. Auch das nach der gescheiterten Länderfusion von Ministerpräsident Stolpe 1996 ins Leben gerufene Forum Zukunft Brandenburg hat sich kürzlich für neue Fusionsverhandlungen ausgesprochen und als idealen Zeitpunkt die Neugliederung des Finanzausgleichs im Jahr 2004 genannt. Bis dahin müßten beide Länder ihre Haushalte in Ordnung bringen.

Dreher widersprach im übrigen der Ansicht, Brandenburg verdanke sein Wirtschaftwachstum allein Berlin. Das Land sei in der ersten Legislaturperiode bis 1994 das Aschenputtel unter den neuen Ländern gewesen, "also liegt es nicht an Berlin". Außerdem sei die Hauptstadt beim Wirtschaftswachstum Schlußlicht in Deutschland. Auch der Vorwurf, Brandenburg ziehe Betriebe aus Berlin ab, stimme nicht: Nur 74 Unternehmen seien nach Brandenburg abgewandert, damit sei der direkte Einfluß durch Berliner Potential sehr gering. Richtig sei, daß Brandenburg mit dem Standortvorteil werbe, doch habe Berlin das gleiche Argument. Trotzdem gebe es dort kein Wachstum, während Brandenburg in Relation zur Bevölkerung das wirtschaftsstärkste Bundesland mit der höchsten Arbeitsproduktivität im Osten sei. Auch das Argument, daß Brandenburg von den Berlin-Pendlern profitiere, wies Dreher zurück: 120 000 Brandenburger pendelten nach Berlin, aber auch 60 000 Berliner nach Brandenburg. Daraus ergebe sich ein Saldo von rund 61 000 Pendlern, der keinen Entlastungseffekt bringe. Dem hielt PDS-Experte Christoffers entgegen, daß Dreher die Rolle Berlins als Motor für die wirtschaftliche Entwicklung in Brandenburg unterschätze. Sie werde mit dem Regierungsumzug noch zunehmen.

MICHAEL MARA

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