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Brandenburg: Mit Misstönen

Frankfurt will dem Staatsorchester Brandenburg die Zuschüsse kürzen und gefährdet sein Renommée

Frankfurt (Oder) - Besonders reich gesegnet mit Einrichtungen der Hochkultur ist die Grenzstadt zwischen Deutschland und Polen nicht. Nun will Frankfurts Oberbürgermeister Martin Patzelt (CDU) auch noch dem Brandenburgischen Staatsorchester, dem höchsten Kulturgut nicht nur der Stadt, sondern des gesamten Landes, die Zuschüsse kürzen. Das Orchester soll künftig mit 1,1 Millionen Euro weniger auskommen.

Das „Haushaltssicherungskonzept“, eine Vorgabe des brandenburgischen Innenministeriums für die klamme Stadt, sieht vor, dass Patzelt dieses Jahr nur noch 7,5 Prozent der Einnahmen für die so genannten freiwilligen Leistungen ausgeben darf. Das Konzept sieht Einsparungen bei den Leistungen in Sport, Wirtschaftsförderung und Kultur vor. Aber anders als bei der Schwimmhalle ist die öffentliche Empörung über die Kürzungen beim Brandenburgischen Staatsorchester groß. Denn es ist ein A-Orchester, ein international anerkanntes Sinfonieorchester, noch dazu das einzige im Land Brandenburg. Das heißt, die Musiker spielen sozusagen in der ersten Liga und traten schon in Tokio auf, mit dem Startenor Placido Domingo in der Berliner Waldbühne, im Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Für das Abendprogramm des öffentlich-rechtlichen Fernsehens spielten sie Filmmusik ein, zum Beispiel bei dem Drama „Die Rosenzüchterin“.

Der Status eines A-Orchesters setzt allerdings voraus, dass es mit mindestens 84 Musikern besetzt ist. Nur so kann das gesamte musikalische Repertoire gespielt werden.

Wenn die Zuschüsse um 1,1 Millionen Euro gekürzt würden, können so viele Musiker nicht mehr bezahlt werden, das ist allen Beteiligten in der Diskussion klar. Brandenburg würde sein A-Orchester verlieren. Spötter sprechen schon vom „Brandenburgischen Schrumpforchester“.

Das Staatsorchester finanziert sich zu zwei Dritteln aus Landesmitteln. Ein Drittel schießt die Stadt Frankfurt zu, zur Zeit 2,3 Millionen Euro jährlich. Künftig sollen es nur noch 1,2 Millionen sein.

Die Stadtverordneten in Frankfurt wollen das Sinfonieorchester so erhalten wie es ist, Brandenburgs Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) ebenfalls, und auch Frankfurts Oberbürgermeister wehrt sich gegen die Vorwürfe, dass er das Orchester „abwickeln“ wolle. Denn das hört sich nach Treuhand an, und nach den Zeiten als alles andere, was Leben in die einstige Bezirkshaupstadt der DDR brachte, abgewickelt wurde. „Der Oberbürgermeister will auch weiterhin am Fortbestand des Staatsorchesters festhalten“, sagt sein Sprecher Heinz Dieter Walter.

Das muss die Stadt auch, sagt Patzelts Parteifreundin, Johanna Wanka (CDU), sinngemäß bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Denn das Orchester ist Teil des Theater- und Orchesterverbundes Potsdam-Frankfurt-Brandenburg, dem ein Vertrag über das Engagement des Staatsorchesters zu Grunde liegt. Er läuft erst Ende 2007 aus.

Allerdings weiß keiner, wie die fehlenden Zuschüsse aufgefangen werden könnten. Würde die Stadt nicht beim Staatsorchester streichen, müsste sie das Geld bei vielen kleinen Einrichtungen holen, deren komplette Existenz gefährdet würde.

Das Land könne seinen Zuschuss für das Orchester nicht erhöhen, ohne ebenfalls anderswo zu streichen, sagt Kulturministerin Wanka.

Die Stadt beharrt auf ihrer Forderung, dass sich auch das Orchester an dem Sparkurs beteiligen müsse. Dort ist man der Meinung, das bereits ausreichend getan zu haben. Beim Abschluss des Haustarifvertrages vor drei Jahren verpflichteten sich die Musiker, auf 5,2 Prozent ihres Gehaltes zu verzichten, was insgesamt jährlich 250 000 Euro ausmacht. Christoph Caesar, seit 2003 Intendant des Orchesters, bemüht sich außerdem um mehr kommerzielle Engagements, wie zum Beispiel das Einspielen von Filmmusik. Eine öffentliche Stellungnahme zur aktuellen Auseiandersetzung lehnt er ab.

Auch die für Kultur zuständige Bürgermeisterin Katja Wolle (SPD) stellt sich hinter das Orchester in der bestehenden Form. Sie weiß aber auch nicht, wie es weitergehen soll. Statt gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, leisten sich Oberbürgermeister Patzelt und Bürgermeisterin Wolle eine Auseinandersetzung, die den Kulturbetrieb lähmt. Patzelt hatte Wolle im vergangenen Sommer gebeten, ein Konzept für die Zukunft des Orchesters zu erarbeiten. Als sie es nicht tat, wurde sie vorübergehend vom Dienst suspendiert. Wolle ist wieder im Amt, das Konzept gibt es immer noch nicht. So scheinen alle ratlos, den Musikern ist damit nicht geholfen.

Olaf S, ermeyer

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