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Brandenburg: Mustersiedlung wird Verlustgeschäft

Tausende Anleger haben in das Potsdamer Kirchsteigfeld investiert. Jetzt sind ihre Fonds marode

Potsdam - Für tausende Fondsanleger aus ganz Deutschland droht das einstige Prestigebauprojekt des Landes Brandenburg und der Stadt Potsdam zum Verlustgeschäft zu werden. Das Wohngebiet Kirchsteigfeld mit seinen mehr als 1500 Wohnungen im Südosten Potsdams war nach der Wende von der Berliner Projektentwicklungsfirma Groth und Graalfs angeschoben und über Fonds und die Bank Berlin Hyp finanziert worden. Potsdam und Brandenburg subventionierten das Projekt außergewöhnlich hoch. Schließlich, so hieß es, würden bis zu 10 000 Wohnungen in der Landeshauptstadt benötigt.

Vielen Anlegern werde die Alterssicherung genommen, befürchtet Volker Gallandi jetzt. Der Rechtsanwalt aus Hessen vertritt Anleger der Kirchsteigfeld-Fonds und sieht seine Mandanten als Opfer von unkontrollierter Nachwende-Bauwut – und im Endeffekt auch als Opfer des Berliner Bankenskandals.

Die Kirchsteigfeld-Fonds werden von der Berlin Hyp verwaltet, die als Folge der Pleite der Bankgesellschaft im nächsten Jahr privatisiert werden soll. Gallandi wirft der Bank nun vor, auf Kosten der Fondsanleger nur ihre Bilanzen aufpolieren zu wollen. Eigentlich, sagt Gallandi, seien die Zinsen für die Immobilien- und Baukredite bis zum Jahr 2010 festgeschrieben gewesen. Dies habe die Bank nun gekündigt. Die Anleger seien jahrelang in Sicherheit gewiegt worden. Kurz vor der Bankprivatisierung sei ihnen nun erklärt worden, ihre Fonds seien reine Sanierungsfälle. Die Bank dränge auf die vorzeitige Rückzahlung der Darlehen. Allein die Anleger eines der insgesamt 19 Kirchsteigfeld-Fonds müssten für höhere Zinsen und zur Sanierung der Fonds 5,5 Millionen Euro nachzahlen. Die Berlin Hyp weist den Vorwurf jedoch zurück, die Sanierung der Fonds stehe im Zusammenhang mit der bevorstehenden Privatisierung.

Fondsverwalter Christian Lauritzen bestätigt aber, dass je nach Fonds 60 bis 80 Prozent des Eigenkapitals nachgeschossen werden müssten. Der Grund sei, dass die Wohnungen nur schlecht und wenn, dann zu geringen Mieten vermietbar seien. Mieterhöhungen sind auch nach Ansicht der für die Vermietung zuständigen Firma, der Berliner Allod Immobilien- und Vermögensverwaltungsgesellschaft, nicht durchsetzbar: Die realisierbare Obergrenze liege bei 5,50 Euro pro Quadratmeter. Anfang und Mitte der 90er Jahre hatten Groth und Graalfs den Anlegern noch Mieteinnahmen von zwölf Euro und mehr in Aussicht gestellt.

Doch schon damals gab es erhebliche Zweifel an den zu erzielenden Einnahmen – und an dem Projekt insgesamt. Ziemlich hoch erschienen die Baukosten schon 1993, als das Projekt Kirchsteigfeld genehmigt wurde. Groth und Graalfs hatten 6500 Mark für einen Quadratmeter geförderten Wohnungsbaus in Potsdam veranschlagt. Und das Land förderte den Bau dann mit 3080 Mark pro Quadratmeter – mehr, als in den eigenen Förderrichtlinien festgelegt. Ein einmaliger Vorgang in Brandenburg, wo die Subventionen für das Kirchsteigfeld die Wohnungsbauförderung in anderen Regionen über Jahre blockierte.

Mit der Förderung – die Stadt schoss noch einmal 18 Millionen dazu und auch für Umfelderschließung und Grünanlagen gab es ungewöhnlich viele Zuschüsse – seien die Baukosten von Groth und Graalfs „künstlich nach oben“ gerechnet, die Fondsanteile so verteuert worden, kritisiert Anlegeranwalt Gallandi. Ein Sprecher der Groth-Gruppe wies diesen Vorwurf zurück. Aber zahlen müssen die Fondsanleger wohl trotzdem.

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