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© Klaer

Nächster Konflikt: Neue Blockaden am Groß Glienicker See

Nun ist auch der Spazierweg an der Westseite des Groß Glienicker Sees nicht mehr begehbar – auf einem 500 Meter langen Abschnitt.

Groß Glienicke - In Potsdam ist erneut ein Konflikt um einen öffentlichen Uferweg eskaliert: Nachdem bereits im Süden ein Abschnitt des ehemaligen Postenwegs der DDR-Grenzer geschlossen worden war, haben am Dienstagmorgen zwei Anrainer auch an der Westseite des Groß Glienicker Sees das Ufer gesperrt – auf etwa 500 Metern Länge. Sie ließen Metallzäune errichten. Sicherheitsmänner verweigerten Passanten den Durchgang. Bagger gruben den Weg um. Die Anrainer erklärten die Verhandlungen mit der Stadt für beendet. Daraufhin verwies Potsdams Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) auf den Enteignungs-Paragrafen des Baugesetzbuchs – doch das scherte nicht alle: Am Dienstagabend ließ ein weiterer Anrainer Bauzäune auf dem Uferweg aufstellen. An seinem Grundstück kommen Spaziergänger jetzt auch nicht mehr so einfach vorbei.

Mit den Sperrungen in Groß Glienicke ist in Potsdam auf unabsehbare Zeit bereits der zweite Uferweg blockiert. Vor fast genau einem Jahr riegelten Anrainer den Griebnitzsee ab. Die Konfliktlage ist ähnlich: Beide Wege liegen am früheren Mauerstreifen, beide führen über Privatgrundstücke. Allerdings gibt es juristisch einen Unterschied: Am Groß Glienicker See liegt ein gültiger Bebauungsplan vor, der den öffentlichen Weg enthält. Allerdings ist dieser bislang noch nicht öffentlich festgeschrieben worden; dies hatte die Gemeinde in den 90er Jahren versäumt. Dies will die Stadt Potsdam, zu der die Ortschaft mittlerweile gehört, nachholen – dafür braucht sie aber das Einverständnis jedes einzelnen Eigentümers.

Seit November 2009 verhandelt die Verwaltung mit den rund 40 Eigentümern darüber, ein erster Einigungsvertrag wurde im März unterzeichnet. Eine für alle geltende Rahmenvereinbarung hatten die Anrainer abgelehnt. In den Verhandlungen wurde auch über mögliche Bootsstege und Hecken in der Uferzone zur Abgrenzung des Privateigentums gesprochen. Eingriffe in das als Landschaftsschutzgebiet (LSG) ausgewiesene Ufer sind nach Auffassung der Stadt nur zurückhaltend möglich. Die Stadt nannte die Forderungen einiger Anrainer jüngst überzogen: „Wir sind nicht auf dem Basar.“ Zugleich erhob Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) den Vorwurf, einige Eigentümer wollten die Gespräche bewusst scheitern lassen. Er sprach von „Sollbruchstellen“ bei den Verhandlungen.

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© Tsp/Bartel

Seegrundstücke würden wieder zu „Gartenanlagen“ hergerichtet

Die Blockierer in ließen gestern eine Erklärung durch ihren Rechtsanwalt verbreiten. „Die mehrfach wiederholte Verhandlungsbereitschaft (…) wurde mit dem heutigen Tag final beendet“, heißt es darin. Die Seegrundstücke würden wieder zu „Gartenanlagen“ hergerichtet. Es sei „nicht beabsichtigt, im Bereich des früheren Mauerwegs bauliche Anlagen zu errichten“. Allerdings würden die Grundstücke „mit Pflanzen“ eingefriedet. Der Anwalt sagte, mehrfach habe die Verwaltung gesetzte Fristen verstreichen lassen. Zudem habe sie Ende Februar mit selbst „geschlagenen Sichtachsen“ an zahlreichen Stellen am Süd- und Westufer nur „wenig deeskalierend“ gewirkt.

Die Stadtverwaltung berief wegen der Sperrung eine Krisensitzung ein. Gleichzeitig demonstrierten am Dienstagabend 80 Groß Glienicker vor einem Grundstück der Blockierer, mit dabei war auch Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Ortsvorsteher Peter Kaminski (Linke) nannte die Entscheidung der Anlieger „bedauerlich“. „Ich bin enttäuscht, aber gewillt, alles zu unterstützen, um zu sauberen Verhandlungsabschlüssen zu kommen und die Begehbarkeit schnellstmöglich wieder zu erreichen.“ Kaminskis Stellvertreter Winfried Sträter (SPD) verurteilte das Vorgehen der Anrainer. „Es gibt keinen Anlass für diesen Schritt.“ Mit Blick auf den gerade auch bei den Groß Glienickern beliebten Spazierweg bezeichnete Sträter die Blockierer als „Gegenbürger, keine Mitbürger“. Der Grünen-Stadtverordnete Andreas Menzel aus dem Ortsteil sagte, Oberbürgermeister Jakobs sei gut beraten, den Uferweg „endlich“ festschreiben zu lassen und ihn durch „entschlossenes Handeln freizukämpfen“. Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg – bei den Oberbürgermeisterwahlen im September designierter Gegenkandidat von Jakobs – forderte die Stadtspitze auf, nun „ernsthaft“ über Enteignungsverfahren nachzudenken: „Wir dürfen uns das nicht bieten lassen.“

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