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Brandenburg: Nazi-Aufmarsch spaltet die Potsdamer Koalition

CDU-Chef Schönbohm lehnt Teilnahme an Gegendemonstration strikt ab

Halbe/Potsdam - Ein für den 18. Juni geplanter Aufmarsch von Neonazis in der Nähe des größten deutschen Soldatenfriedhofs in Halbe hält Brandenburgs Politiker und Sicherheitsbehörden in Atem. Angemeldet wurde er von dem bundesweit bekannten Neonazi Christian Worch. Obwohl erneut Negativ-Schlagzeilen drohen, findet die SPD-CDU Koalition keine gemeinsame Linie für den Umgang mit den Neonazis. Vielmehr ist gestern ein offener Streit um eine von einem lokalen Aktionsbündnis geplante Gegendemonstration entbrannt, auf der auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sprechen will. Die SPD ruft zur Teilnahme auf, auch Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) beabsichtigt laut Staatskanzlei-Chef Clemens Appel, gegen die Neonazis zu demonstrieren.

Hingegen lehnt CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm eine Teilnahme an der Gegendemonstration strikt ab, weil neben der PDS auch die Antiglobalisierungsbewegung Attac zu den 15 Aufrufern gehört. Schönbohm gestern im Landtag: „Mit diesen Veranstaltern ist eine Teilnahme der CDU unvorstellbar.“ Vor Ort sieht man das in der Union allerdings pragmatischer: Johanna Wanka, CDU–Kreischefin von Dahme-Spreewald und Wissenschaftsministerin, sprach sich gegen einen Boykott der Gegendemonstration aus. Sie wolle die Mitglieder des Kreisverbandes zur Teilnahme aufrufen und schließe das auch für sich persönlich nicht aus, sagte sie dem Tagesspiegel. Allerdings betonte auch Wanka, dass die CDU nicht Mitveranstalter sein werde.

Schönbohm unterbreitete schließlich einen Kompromissvorschlag: Er könne sich vorstellen, dass SPD und CDU gemeinsam mit dem landesweiten Aktionsbündnis gegen rechte Gewalt und Fremdenfeindlichkeit zu einer eigenen separaten Gegendemonstration aufrufen. Ob es dazu kommt und wie das praktisch funktionieren soll, war gestern unklar. Zu dem drohen Sicherheitsprobleme: Da sich inzwischen auch linke Autonome aus Berlin zur Gegendemonstration des lokalen Aktionsbündnisses angesagt haben, fürchten Sicherheitskreise eine Eskalation. Schönbohm räumte ein, dass „die polizeiliche Lage schwieriger wird, je mehr Demonstranten und Gegendemonstranten kommen“. Parallel findet auf dem Lausitz-Ring eine Großveranstaltung mit der Hard-Rock-Band „Böhse Onkelz“ statt. Zur Absicherung beider Veranstaltungen würden zusätzliche Sicherheitskräfte aus anderen Bundesländern benötigt.

Der Verfassungsschutz geht davon aus, dass die Neonazis den Aufmarsch in Halbe als Testfall ansehen: Erst im Mai hat der Landtag ein Gesetz verabschiedet, das die 1200 Soldatenfriedhöfe in Brandenburg vor rechtsextremen Aufmärschen schützen soll. Danach sind Kungebungen zwar auf den Friedhöfen nicht mehr erlaubt, weil sie Totenruhe stören. Doch in Halbe wollen die Neonazis außerhalb des eigentlichen Friedhofes demonstrieren und ihre Möglichkeiten „ausreizen“.

Michael Mara

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