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Brandenburg: Nicht nur in Halbe: Rechtsextremisten verlieren an Boden

Gesellschaftliches Engagement, Polizei und Gerichte lassen braunen Umtrieben immer weniger Raum

Von Frank Jansen

Potsdam - Es war ein jämmerlicher Anblick. Nicht einmal 300 Neonazis standen zwischen den Pfützen vor der Polizeisperre, von den Köpfen tropfte das Regenwasser. Das in der rechtsextremen Szene groß angekündigte „Heldengedenken“ in Halbe geriet am Sonnabend zum Trauerspiel. Ein Bild mit Symbolkraft: In Brandenburg sind in der Bekämpfung des Rechtsextremismus erste Erfolge zu erkennen – nicht nur bei schlechtem Wetter. Das Engagement von Staat und Zivilgesellschaft gegen die braunen Umtriebe zeigt allmählich Wirkung. „Es scheint in Brandenburg zu gelingen, den Rechtsextremismus etwas zurückzudrängen“, sagt sogar ein besonders kritischer Beobachter: Dominique John vom Verein Opferperspektive. Der Verein, der sich seit 1998 um Opfer rechter Gewalt kümmert, steht nicht im Verdacht, als Kronzeuge staatlicher Erfolgsmeldungen aufzutreten. Umso bemerkenswerter erscheint der Gleichklang, der jetzt bei Opferperspektive, Verfassungsschutz, Polizei, Politik und Wissenschaft zu hören ist.

„Es ist Licht am Horizont“, sagt Winfriede Schreiber, Chefin des Brandenburger Verfassungsschutzes. Im Unterschied zum Bundestrend habe es nicht nur keine Zunahme bei rechten Gewalttaten gegeben, sondern sogar einen Rückgang (2006: 97, 2005: 90). Die Opferperspektive, deren Zahlen regelmäßig höher sind, registrierte 2006 eine Abnahme um 15 Taten auf 125 rechtsradikal motivierte Angriffe. Laut Verfassungsschutz reduzierte sich geringfügig auch das Personenpotenzial bei Neonazis und rechten Skinheads. Die NPD konnte mit einem leichten Zuwachs nur teilweise gegenhalten. Und das Debakel der Neonazis in Halbe bestätige, sagt Schreiber, was schon länger in der Szene zu hören sei: Es gebe kaum irgendwo so viel Gegenwind bei Demonstrationen wie in Brandenburg.

Einige Beispiele: Im November 2005 blockierten Demokraten, darunter prominente Politiker, den Marsch der Neonazis zum Soldatenfriedhof. Im selben Monat wurde auch in Potsdam eine rechtsextreme Demonstration von zahlreichen Nazi-Gegnern verhindert. Und am Sonnabend griff in Halbe zum ersten Mal das neue „Gräberstätten-Versammlungsgesetz“, das aus dem Areal um den Waldfriedhof braunes „Heldengedenken“ verbannt. Die Verwaltungsgerichte bestätigten das Verbot, die Polizei setzte es durch. Die Frustration der rechtsextremen Szene zeigte sich schon in der gegenüber früher deutlich geringeren Teilnehmerzahl, die dann auch noch abbröckelte.

Die Kombination von gesellschaftlichem Engagement, konsequentem Einsatz der Polizei und gerichtsfester Verschärfung des Versammlungsrechts, von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gegen viel Widerstand durchgesetzt, hat den Neonazis die für sie so symbolträchtigen Märsche in Halbe verdorben. Zudem musste die Szene in den vergangenen zwei Jahren die Verbote der Vereinigungen „Hauptvolk“, „Sturm 27“ und „Schutzbund Deutschland“ hinnehmen. Außerdem ist Brandenburg Vorreiter bei den Anträgen auf Indizierung rechtsextremer CDs.

„Wir sind näher und härter an den führenden Figuren dran als früher“, sagt Potsdams Polizeipräsident Bruno Küpper. Dem Chef der SPD-Fraktion im Landtag, Günter Baaske, fällt die Bereitschaft vieler Schüler auf, sich mit dem Rechtsextremismus auseinanderzusetzen. Und er betont den „Zusammenschluss der Demokraten“ im Kampf gegen die braune Plage. Auch der Berliner Parteienforscher Richard Stöss sieht „einen Lernprozess der Demokraten in Brandenburg“. Aber er ist sich mit den anderen Experten einig: Der Rechtsextremismus bleibt noch lange ein gravierendes Problem.

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