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Brandenburg: PDS-Fraktion sieht sich am Abgrund

Fast-Staatssekretärin Schröder ausgeschlossen, Bisky vor Verzicht

Potsdam. Nach der Sechs-Stunden-Debatte flossen in der PDS-Fraktion Tränen: Nicht allein wegen des schließlich mit 14 gegen fünf Stimmen beschlossenen Ausschlusses von Esther Schröder oder der Unnachgiebigkeit der 33-Jährigen, die in Berlin Staatssekretärin werden sollte, aber wegen der abgelehnten sofortigen Verbeamtung das Handtuch warf. Sondern wegen des in der Debatte deutlich gewordenen desaströsen Zustandes der PDS-Fraktion.

Lothar Bisky ließ auf der anschließenden Pressekonferenz offen, ob er bei den Vorstandswahlen in 14 Tagen noch einmal für den Vorsitz kandidieren wird. Unmittelbar nach der Abstimmung hatte der Abgeordnete Andreas Trunschke, von dem der Antrag auf Ausschluss von Schröder stammte, die Situation so beschrieben: Die Fraktion steht am Abgrund. Er wertete das Verfahren auch als Niederlage des Fraktionsvorstandes und will nach der Fraktionsklausur in zwei Wochen über seinen Austritt entscheiden.

Zuvor hatte Schröder die Debatte für eine Generalkritik genutzt, wie die Fraktion sie noch nie erlebt hat: Sie beklagte die mangelnde Offenheit und Transparenz in der Fraktion, die „informellen Kanäle“ und „Geistergremien“. Indirekt forderte sie damit eine Entmachtung des mächtigen Strippenziehers und Fraktionsgeschäftsführers Heinz Vietze, der als Landeswahlleiter der PDS nach Schröders Ansicht auch mitverantwortlich für das Desaster der Brandenburger PDS bei der Bundestagswahl ist. Schröders Generalabrechnung heizte das Klima zusätzlich auf: Zwar versuchte der Abgeordnete Stefan Sarrach, der wie Schröder zum Kreis der jungen und kritischen Abgeordneten zählt, zwischen Ausschlussbefürwortern und -gegnern zu vermitteln. Doch scheiterte er, weil Schröder nicht bereit war, sich zu entschuldigen: Weder wollte sie anerkennen, dass Sozialisten keine Privilegien fordern könnten. Noch wollte sie zurücknehmen, dass mit Vietze und anderen „SED- und Stasi-Kader“ ihren Ausschluss betrieben hätten.

Bisky sagte hinterher, der Ausschluss hätte vermieden werden können, doch sei Schröder nicht bereit gewesen. Der Fraktionschef gestand zu, dass die Außenwirkung verheerend sei, erst recht nach dem Geraer Parteitag. Abgesehen von einer drohenden juristischen Auseinandersetzung mit Schröder – gestern fragte sich ein PDS-Genosse, „ob die Gräben in der Fraktion noch gekittet werden können“.

Michael Mara

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