zum Hauptinhalt

Brandenburg: Platzeck rettet Vietnamesen vor der Abschiebung

Kirchenasyl in Schwante: Nach einem Gespräch mit dem evangelischen Bischof Wolfgang Huber wird der Fall noch einmal geprüft

Potsdam/Schwante. Aufatmen im Pfarrhaus von Schwante: Der 48-jährige Vietnamese Xuan Khang Ha und sein fünfjähriger Sohn werden nicht abgeschoben. Sie erhalten eine vorläufige Duldung und können das am 5. November 2002 gewählte Kirchenasyl unbesorgt verlassen. Zu verdanken haben sie dies auch dem Einsatz von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Der hatte sich mit dem evangelischen Bischof von Berlin und Brandenburg, Wolfgang Huber, zu einem Spitzengespräch verabredet, an dem auch Innenminister Jörg Schönbohm teilnahm. Die Kirche hatte sich besorgt gezeigt, ob in Brandenburg das Kirchenasyl missachtet werde. Am 6. Januar war das Pfarrhaus in Schwante von Polizisten gestürmt worden, die Xuan suchten, um ihn abzuschieben. Am Dienstag sagte Platzeck, dass der Fall noch einmal geprüft werde: „Das geschieht unter humanitären Gesichtspunkten als auch unter Anerkennung der Tatsache, dass es in unserem Land keinen rechtsfreien Raum gibt.“

Xuan hatte zwei Asylanträge gestellt, die abgelehnt worden waren. Über ein drittes Gesuch ist noch nicht entschieden. Deshalb stellte sein Anwalt am Montag beim Verwaltungsgericht Potsdam einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Dessen Prüfung will Platzeck abwarten.

In Schwante wagten sich am Nachmittag Vater und Sohn seit mehr als zwei Monaten erstmals wieder ins Freie. Ohne eine Festnahme befürchteten zu müssen. Xuan Khang Ha war zur Ausreise aus Deutschland verpflichtet worden, da er keine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Im September 2002 wurde ihm ein Besuch in der Oranienburger Ausländerbehörde zum Verhängnis. An Ort und Stelle wurde er verhaftet, um vom Flughafen Frankfurt (Main) nach Vietnam ausgeflogen zu werden. Sein Sohn sollte später folgen. Das vom Anwalt des Vietnamesen angerufene Verwaltungsgericht stoppte die Aktion und untersagte die getrennte Abschiebung. Daraufhin erbat Xuan Khang Ha für sich und seinen Sohn Kirchenasyl in Schwante. Was ihm auch gewährt wurde. Doch am 6. Januar schien auch dieses Versteck nicht mehr sicher: Die Polizei kam. Erstmalig wurde das Kirchenasyl in Brandenburg gebrochen.

Die beiden Flüchtlinge hielten sich zum Zeitpunkt der vom zuständigen Landrat Karl-Heinz Schröter (SPD) gebilligten Polizeiaktion an einem anderen Ort auf. Die Kirchengemeinde stellte inzwischen Strafanzeige gegen die Polizei wegen Nötigung und Hausfriedensbruch, weil sie ohne Durchsuchungsbefehl und ohne Zeugen das Pfarrhaus durchsucht hätte.

Platzeck sicherte gestern zu, dass künftig Kirchenasyl vom Land respektiert werde. Gemeinsam mit Innenminister Schönbohm sprach er sich für eine Härtefallregelung aus. „Wir haben in dieser Frage eine Chance als große Koalition“, meinte Schönbohm. Vorerst ziehen Vater und Sohn in das Asylbewerberheim nach Hennigsdorf. Der Kirchenkreis Oranienburg will seine Hilfe fortsetzen. „Wir kämpfen vor allem aus zwei Gründen für ein dauerhaftes Bleiberecht“, sagte Simone Tetzlaff, Referentin für Flüchtlinge des Kirchenkreises. „Der Mann wird wegen seiner Arbeit für zwei Exilorganisationen höchstwahrscheinlich in Vietnam festgenommen und ist außerdem allein erziehender Vater.“ Der fünfjährige Sohn hatte vor der Verhaftung seines Vaters eine Kita in Hennigsdorf besucht. Er habe sehr unter der Isolation im Kirchenasyl gelitten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false