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Brandenburg: Platzeck: Trennungsgelder in „atemberaubender Höhe“ gezahlt

Ministerpräsident fürchtet schweren Vertrauensverlust in die Justiz / Auch Bauminister Szymanski kündigt Rückzahlung der erhaltenen Zulage an

Von Michael Mara und Thorsten Metzner

Potsdam. Die Trennungsgeld-Affäre hat nach den Worten von Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) das Vertrauen in die Brandenburger Justiz schwer erschüttert. „Viele Leute fragen sich und mich direkt: Wem, welcher Institution können wir eigentlich noch trauen?“ sagte Platzeck am Mittwoch im Potsdamer Landtag.

Zwar dürften nicht alle Richter und Staatsanwälte in einen Topf geworfen werden. Doch sei er in den letzten Tagen bei der Durchsicht der Akten und bei Gesprächen mit Betroffenen auf ein „Anspruchsverhalten“ gestoßen, „bei dem einem die Spucke wegblieb und ich mich schon gefragt habe: Was ist eigentlich los?“ Den Menschen im Lande sei es letztlich egal, ob die Zulage falsch bewilligt worden sei oder wissentlich falsche Angaben gemacht worden seien. „Am Ende ist es zu Zahlungen gekommen, die nie geleistet werden durften, und stellenweise in einer Höhe, die atemberaubend ist“, so Platzeck.

Am Mittwoch hat sich die Affäre erstmals über den Justizbereich hinaus erweitert: Bauminister Frank Szymanski (SPD) kündigte gestern an, dass er 4482,77 Euro Trennungsgeld, die er 1998 nach seiner Berufung zum Bildungs-Staatssekretär in fast einem Jahr erhalten habe, zurückzahlen werde. Sein Anspruch darauf war zwar nach Angaben von Staatskanzleichchef Rainer Speer (SPD) korrekt, wie eine erneute Überprüfung durch die Staatskanzlei und einen externen Experten bestätigte habe. Aber Szymanski sagte, mit der Rückzahlung wolle er dem „allgemeinen Misstrauen entgegentreten“ und einen „klaren Strich ziehen“. Die aktuelle Debatte zeige, dass Ansprüche auf solche Entschädigungszahlungen der Bevölkerung schwer zu vermitteln seien.

In Regierung und Landtag wird damit gerechnet, dass bei der von Platzeck angeordneten generellen Überprüfung der Trennungsgeld-Zahlungen in allen Ministerien seit 1993 weitere schwer wiegende Fälle aufgedeckt werden. In den 90er Jahren soll in allen Ministerien bei der Bewilligung der Zulage und anderer Entschädigungen „sehr großzügig verfahren“ worden sein. Es habe keine ernsthaften Prüfungen der Berechtigung gegeben. Den Regeln nach wird Trennungsgeld an Beamte gezahlt, die mehr als 30 Kilometer von ihrem Wohnort entfernt arbeiten. Sie müssen aber „uneingeschränkt umzugswillig“ sein, und am Dienstort muss Wohnungsmangel herrschen.

Wie am Vortag angekündigt, reichte der langjährige Verfassungsgerichts-Präsident Peter Macke gestern Mittag bei Landtagspräsident Herbert Knoblich seinen Rücktritt ein. Wie berichtet, will er 2800 Euro an die Staatskasse zurückzahlen, die er als Mietzuschuss im Rahmen des Trennungsgeldes erhalten hatte. Die Vermieterin war seine Ehefrau. Im Landtag wurde erste Kritik laut, dass Macke aus den von ihm angeführten „moralischen Gründen“ zwar als ehrenamtlicher Verfassungsgerichtspräsident zurückgetreten sei – nicht jedoch als Präsident des Brandenburger Oberlandesgerichtes. Es wäre konsequent, wenn er auch dieses Amt aufgeben würde, sagte PDS-Landeschef Ralf Christoffers. Auch der designierte Spitzenkandidat der Grünen bei der Landtagswahl, Berlins Ex-Justizsenator Wolfgang Wieland, sprach von einem „halbherzigen Schritt“. Macke sei als Oberlandesgerichtspräsident weiterhin „oberster Richter des Landes“. Moral dürfe nicht nur fürs Verfassungsgericht gelten. SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch erklärte dagegen, dass Macke juristisch nichts vorzuwerfen sei. Auch Justizministerin Barbara Richstein (CDU) sagte, Macke habe ihr Vertrauen.

In Koalitionskreisen wachsen gleichwohl Zweifel, ob Macke und Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg in ihren derzeitigen Ämtern zu halten sind. Rautenberg will ebenfalls rund 5000 Euro zu viel erhaltene Zulagen zurückzahlen. Der CDU-Rechtspolitiker Frank Werner stellte wie auch andere Abgeordnete die Frage, ob Spitzenjuristen dieses Kalibers Überzahlungen „nicht hätten selbst bemerken müssen“.

Hingegen wies der Präsident des Oberverwaltungsgerichtes Frankfurt (Oder), Dieter Liebert, den Vorwurf zurück, Trennungsgeld in erheblicher Höhe aufgrund falscher Angaben erhalten zu haben. Er habe keine falschen Angaben gemacht. Das Disziplinarverfahren werde ergeben, dass die Vorwürfe haltlos seien. Liebert soll Trennungsgeld in Höhe von rund 65 000 Euro erhalten haben.

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