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Brandenburg: Platzeck und das Gurkenwurstdilemma

Der Ministerpräsident läuft über die Grüne Woche und findet die brandenburgische Landwirtschaft innovativ

69. INTERNATIONALE GRÜNE WOCHE

Ausgerechnet vor dem Brandenburger Höhepunkt auf der Grünen Woche drohte Fleischermeister Wolfgang Palme ein berufliches Desaster. „Uns gehen die Gurkenbockwürste aus“, stöhnte der Mann aus Turnow im Spreewald am Sonntag. Dabei wollte er doch Ministerpräsident Matthias Platzeck, dessen Gefolge und die vielen Journalisten beim traditionellen Rundgang durch die Brandenburg-Halle am Montag unbedingt von seiner Erfindung kosten lassen. Doch „wir haben nur 130 Kilo der Würste für die Woche vorbereitet. Das reichte gerade mal für einen Tag.“ Fleischermeister Palme blieb nur ein Ausweg: Sonderschichten.

Die bei den Messebesuchern so beliebten Würste bestehen aus 90 Prozent Fleischmasse und zehn Prozent Gewürzgurken und verdanken sich dem letzten Spreewaldfest. Ein beschwipster Besucher mit Gurke und Bockwurst in den Händen hatte Palme aufgefordert, beides doch zu mischen, damit eine Hand fürs Bierglas frei bleibe. „Das klang verrückt, aber wir haben es versucht – und sind jetzt vom Erfolg fast erschlagen“, sagt er.

Platzecks Lob war Palme gewiss. „Unsere Landwirtschaft ist eben innovativ“, befand der Regierungschef ein ums andere Mal während des zweistündigen Rundgangs zu den 123 Ausstellern in der Halle. Sein Speisen- und Getränkezettel glich hinterher einem ungesunden Puzzle. Aber er zeigte, wie bunt inzwischen das Brandenburger Angebot ist. Der Beginn der Tour hörte sich noch ganz gut an: Kartoffelbrot mit einem Schuss Aloe Vera aus Schwante, Orangen-Marmelade und Heidelbeer-Likör aus dem Schlaubetal, dazu Kartoffelschnaps aus Sellersdorf in der Lausitz. Zu diesem Zeitpunkt schmeckte wahrscheinlich auch noch der Kuss, den Platzeck der Erntekönigin gab. Später tauchten dann auch noch die Gurkenkönigin mit ihrem Gemahl, die Baumblüten-, die Kirsch-, die Apfel-, die Korn- und die Erdbeerkönigin auf. Da hatte Platzeck dann auch schon reichlich Bier, Likör und Schnaps getrunken.

Am Stand der Frankfurter Brauerei hielt er sich länger als gewöhnlich auf, galt es doch die Rettung von 130 der 160 Arbeitsplätze zu feiern. Die Produktion dort wird von der Dose auf die Plastikflasche umgestellt. Danach ging es wieder munter durcheinander: gegrillter Käse aus der Uckermark, Wildsalami aus der Schorfheide, Spritzkuchen aus Eberswalde, Sanddornsaft aus Hohenseefeld, Kirschwein aus Werder und Senfgurken.

Gerade die Spreewälder verzeichnen nach dem Kino-Hit „Good bye, Lenin“ eine rege Nachfrage aus ganz Deutschland. Ob allerdings ihr neuer Werbespruch „Good Bite Lenin“ den Erfolg bringt, scheint zumindest zweifelhaft. Doch wo schon Lenin hängt, ist Honecker nicht weit. Tatsächlich macht sich eine Firma aus Teltow das Konterfei des DDR-Staatsführers zunutze, um auf das „gute, alte Biomalz“ hinzuweisen.

Doch nicht alle Erfinder zeigten sich nach dem Rundgang zufrieden. Der Chef der Brauerei Neuzelle, Helmut Fritsche, wartete vergeblich auf Platzeck, um ihm sein „Anti-Aging- Bier“ anzubieten. Doch dessen Berater schoben ihn elegant am Neuzeller Stand vorbei. In den langen – und anhaltenden – Streit zwischen dem Brauer und dem Lebensmittelamt über die Frage, ob das Neuzeller Bier „Bier“ heißen darf, sollte der Ministerpräsident wohl nicht verwickelt werden.

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