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© dpa

Platzeck-Wiederwahl: Geschlossen in die rot-rote Koalition

Matthias Platzeck wird mit zwei Gegenstimmen von SPD und Linken zum Ministerpräsidenten gewählt. Protest gibt es von einem Stasi-Opfer.

Potsdam - Er wirkt selbst etwas überrascht, wie glatt alles über die Bühne ging, wie stabil die rot-rote Mehrheit im Brandenburger Landtag stand. „Und das nach den heftigen Debatten in den letzten Wochen, nach 20 Jahren, in denen sich SPD und Linke oft diametral gegenüberstanden“, sagt Matthias Platzeck, der, gerade zum Ministerpräsidenten Brandenburgs wiedergewählt, Gratulationen entgegennimmt und ein Interview nach dem anderen gibt. „Sehr zufrieden“, sei er mit dem Ergebnis, sagt Platzeck. „Und dabei habe ich anders als Frau Lieberknecht vorhergesagt, wer Minister wird.“ Nein, Thüringer Verhältnisse, ein neues Chaos in der umstrittenen rot-roten Koalition, sie sind an diesem Tag im brandenburgischen Parlament ausgeblieben. Die rot-roten Reihen, sie standen.

Die Erleichterung war mit den Händen zu greifen bei SPD und Linken, als Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) um 12.32 Uhr das Ergebnis verkündete: 54 Stimmen für Platzeck, von 86 anwesenden Abgeordneten, neun mehr als erforderlich. Ein Ergebnis, mit dem klar war, dass nur zwei Stimmen aus den rot-roten Reihen fehlten. Mancher erinnerte sich da noch daran, dass man nach der letzten Ministerpräsidentenwahl im Herbst 2004, bei der damaligen Neuauflage der Großen Koalition, nach sechs Abtrünnigen in den Reihen von SPD und CDU fahndete. Und dass Platzeck damals nur mit einem hauchdünnen Zwei-Stimmen-Vorsprung gewählt worden war.

So groß die Erleichterung auf der einen Seite im Plenarsaal, so tief war die Verbitterung, Enttäuschung und Wut auf der anderen Seite. Keine Hand rührte sich in den Reihen der Union, als die Wahl Platzecks bekannt gegeben wurde, auch nicht, als später die neuen Minister vereidigt wurden, darunter erstmals in Deutschland mit Helmut Markow ein Linke-Finanzminister. Kein Christdemokrat erschien, als sie ihre Ernennungsurkunden erhielten. Und CDU-Vizefraktionschef Dieter Dombrowski sorgte für einen Eklat im Parlament, mit einer Demonstration, zu der Platzeck später nur sagen wird: „Keinen Kommentar“.

Mitten im feierlichen Akt, wie ihn die Landesverfassung vorgibt, gerade, als der Regierungschef seinen Eid auf das Land Brandenburg schwor, eilte Dombrowski in einer Original-Häftlingsuniform des Stasi-Knastes in Cottbus in das Plenum, orange Streifen an den Ärmeln. Es sei ein Protest gegen das rot-rote Bündnis, vor allem dagegen, dass frühere Stasi-IMs wie Linke-Fraktionschefin Kerstin Kaiser und Parteichef Nord die Geschicke des Landes mitbestimmen, erklärte er. „Mit diesem Tag sitzen frühere Mitarbeiter der Staatssicherheit am Kabinettstisch“. Er verwies auf sein persönliches Schicksal, dass er zu DDR-Zeiten wegen versuchter Republikflucht zwei Jahre in Cottbus inhaftiert war. Einen Verstoß gegen die Würde des Parlaments sehe er in der Aktion nicht. „Für mich ist es eine Ehre, diese Uniform zu tragen.“ Eine schwere Stunde war es auch für CDU-Oppositionsführerin Johanna Wanka, die frühere Wissenschaftsministerin, die mit steinerner Miene die Landtagssitzung und die Ernennung ihrer SPD-Nachfolgerin Martina Münch verfolgte. Sie bewahrte Haltung, reihte sich ein unter die Platzeck-Gratulanten: Sie überreichte einen Strauß roter Nelken – eine Anspielung auf die Standardblume der SED – mit einem knappen: „Gratulation.“ Jenseits der Emotionen gab es auch eine strategische Kampfansage aus der Union, durch Vizeparteichef Sven Petke, der erklärte: „Platzeck steht am Anfang vom Ende. Die nächsten fünf Jahre wird er politisch nicht überleben."

Zunächst steht die neue rot-rote Regierung. Am Morgen hatte Platzeck noch demonstrativ die Fraktion der Linken besucht, ein Novum. Schon da war die Stimmung gelöst, aufgeräumt. „Wir wollen das, was wir tun, nicht überhöhen. Wir wollen das Land solide regieren“, sagte Platzeck da, wies darauf hin, dass das Bündnis unter Beobachtung von Opposition und Medien steht. „Es gibt geneigte Seiten, die jeden Satz auseinandernehmen werden.“ Dennoch würden SPD und Linke auch in Brandenburg politische Wettbewerber bleiben. Linke-Fraktionschefin Kerstin Kaiser versicherte: „Wir bleiben verlässlich, auch in unseren Differenzen.“

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