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Brandenburg: Potsdam fährt nach Berlin

Die Frauen vom Fußballklub Turbine haben es endlich geschafft: Sie spielen im Pokalfinale im Olympiastadion

Potsdam. Vor zwei Jahren fuhren die Fußballerinnen von Turbine Potsdam mit vier Kästen Bier und einigen Sektflaschen zum DFB-Pokal-Halbfinale nach Hamburg. „Das ist schief gegangen“, erzählt die deutsche Nationalspielerin Navina Omilade. Potsdam schied zum vierten Mal im Halbfinale aus. Deshalb verzichtete der Tabellenführer der Bundesliga diesmal auf einen Großeinkauf vor dem Halbfinale in Brauweiler. Prompt gewann Turbine dort am Sonntag 3:0 und steht erstmals im DFB-Pokalfinale. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“, der Schlachtruf aller Fußballfans, wenn es um den Pokal geht, wurde wahr. Auf der Rückfahrt kamen die Potsdamerinnen an genügend Autobahnraststätten vorbei, um doch noch gut einzukaufen. „Wir haben einige Bierchen, Sekt und Wein getrunken und gesungen“, sagt Omilade. Genug Geld für die Busfete war auch da, denn der Klub bekommt für den Finaleinzug 60000 Euro aus Fernsehgeldern.

Potsdam fährt nach Berlin. „Das ist ein riesiger Image-Gewinn“, sagt Trainer Bernd Schröder, der den Klub 1971 mitgegründet hat. Gegner im Olympiastadion ist am 29. Mai der Deutsche Meister und Pokalsieger 1.FFC Frankfurt. Im Schnitt spielt Turbine im Karl-Liebknecht-Stadion in Babelsberg vor 800 Zuschauern, beim Pokalfinale – direkt vor dem Endspiel der Männer – werden es 75000 sein. „Das ist der absolute Hammer, da kriegt man jetzt schon eine Gänsehaut“, sagt die 22-jährige Sport-Studentin Omilade. Auflaufen werden unter anderem eine Polizistin, zwei Studentinnen der Sportwissenschaft, zwei Auszubildende zur Sport- und Fitnesskauffrau, drei angehende Physiotherapeutinnen und eine Sportsoldatin.

Potsdam hat eines der jüngsten Bundesligateams, 13 Spielerinnen sind Jahrgang 1981 und jünger. Talentförderung spielt eine wichtige Rolle, nicht nur Weltmeisterin Viola Odebrecht besuchte die Potsdamer Sportschule „Friedrich Ludwig Jahn“. Bis zu zehn talentierte Siebtklässlerinnen aus Brandenburg, aber auch aus anderen Bundesländern, werden jährlich dort aufgenommen und sind im Internat untergebracht. Ein Fußball-Internat für Mädchen – eine in Deutschland einmalige Sache. Die meisten älteren Spielerinnen wohnen „zwei, drei Minuten vom Luftschiffhafen entfernt“, sagt Omilade. Dort, am Olympiastützpunkt, trainiert die Mannschaft auch.

Vier Potsdamerinnen sind im Oktober in den USA Weltmeister geworden, sechs gehörten zuletzt zum Kader der deutschen Nationalmannschaft. Doch an Gehälter wie bei den männlichen Kollegen ist nicht zu denken. Omilade kommt über die Runden, ohne neben Studium und Fußball jobben zu müssen. Der Verein und Sponsoren stellen den Frauen Autos oder Wohnungen oder bezuschussen sie zumindest, zudem gibt es eine Aufwandsentschädigung. Allerdings gelten die Privilegien nicht für alle. Nationalspielerinnen genießen eine Sonderrolle, schließlich soll verhindert werden, dass sie abgeworben werden – etwa von Dauerpokalsieger Frankfurt.

Profis sind nur die ausländischen Spielerinnen, so auch die US-Amerikanerinnen Nancy und Julie Augustyniak. Die 25-jährigen eineiigen Zwillinge sind seit Februar im Verein, sie spielen in der Abwehr und im defensiven Mittelfeld. Ob es ihnen allerdings gelingen wird, ihre Gegnerinnen durch ihre Ähnlichkeit zu verwirren, ist fraglich. Trainer Schröder jedenfalls lässt sich nicht an der Nase herumführen. „Julie ist dicker. Außerdem ist sie unsere einzige Linksfüßerin.“

Helen Ruwald

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