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Potsdam: Protest gegen "Wegezoll" für Sanssouci

Ein Pflicht-Eintritt im Potsdamer Park Sanssouci stößt auf harsche Kritik. Die Preußische Schlösserstiftung verteidigt den Plan, der die klammen Kassen füllen soll.

Potsdam - Der Zwei-Euro-Pflichteintritt im Park Sanssouci ab 2013 erregt heftigen Streit. So lehnt Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) die vorzeitig publik gewordenen Pläne der Preußischen Schlösserstiftung strikt ab: Ein Wegezoll mitten in der Stadt sei nicht akzeptabel. Kritik kommt auch von Linken, SPD, CDU, Grünen sowie der Tourismus-Marketing-Gesellschaft Brandenburgs (TMB). Dagegen verteidigte Sanssoucis Generaldirektor Hartmut Dorgerloh am Mittwoch auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz das Vorhaben. Er begründete es mit dem extrem hohen Pflegeaufwand für die zum UNESCO-Welterbe gehörenden Gärten und der angespannten finanziellen Situation der Stiftung, deren Parkflächen sich seit 1991 von 450 Hektar auf 700 Hektar vergrößert hätten. In internationalen Anlagen wie in Versailles, aber auch in Berlin im Britzer Garten oder im Potsdamer Buga-Park sei Eintritt üblich und akzeptiert. „Kostenpflichtige, gepflegte Parks haben mehr Besucher“, sagte er. „Die Alternative wären höhere Zuschüsse.“

Träger der Stiftung sind Brandenburg, Berlin und der Bund. Der Stiftungsrat will darüber am 5. Mai beraten. Eine Prognose zum Ausgang wollte selbst Dorgerloh nicht wagen. Nach Tagesspiegel-Recherchen ist die Zustimmung ungewiss. Zwar sind der Bund und Berlin für den Sanssouci-Eintritt als Modell allein auf diesen Park begrenzt. Doch die rot-rote Regierung  Brandenburgs ist uneins. Pikanterweise lehnt das Finanzministerium, vom Linken Helmuth Markov geführt, die Zusatzeinnahmen ab. „Das war, ist und bleibt die Position“, sagte Sprecherin Ingrid Mattern. „Was als Modellprojekt getarnt daherkommt, wäre der Einstieg für Eintritte in die Parks.“ Dass die frei zugänglich sind, sei eine „große Errungenschaft“. Auch die Staatskanzlei von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) ist bislang gegen Eintritt, während das Kulturministerium – geführt von der früheren Potsdamer Uni-Rektorin Sabine Kunst – dem nach Angaben von Sprecher Hans–Georg Moek „wohlwollend gegenübersteht“, „angesichts der finanziell angespannte Lage der Stiftung.“ 

Kritiker lassen das nicht gelten. Die SPD-Vizechefin Klara Geywitz aus Potsdam erinnert daran, dass die Stiftung schon einmal mit einem solchen Vorstoß scheiterte. „Das erinnert an Loch Ness oder an den Versuch, im Tiergarten ein Grillverbot durchzusetzen.“ Die Linken, die Sturm laufen, wollen einen Beschluss des Potsdamer Stadtparlamentes gegen den Parkeintritt erwirken. Zweifel und Bedenken meldete auch Katherina Reiche an, CDU-Kreischefin in Potsdam und parlamentarische Staatssekretärin im Bund. Zwar gebe es in der Union differenzierte Stimmen, sie habe aber „mehr Fragen als Antworten“, etwa zu Aufwand und Nutzen, da der Park abgesperrt werden müsse. Für Reiche droht ein Präzedenzfall. „Am Ende werden Familien in Potsdam, das sich als familienfreundlichste Stadt Deutschlands rühmt, überall Parkeintritt zahlen. Es läppert sich.“ Irritiert und „überrascht“ reagierte Brandenburgs oberster Tourismus-Vermarkter, TMB- Chef Dieter Hütte. Es bestehe nicht nur die Gefahr, dass die Eintrittsdebatte die Jubiläumsveranstaltungen für den 300. Geburtstag Friedrichs des Großen 2012 „überschatte“. Auch werde die Reiseindustrie „völlig außen vor gelassen“. Dabei reagierte insbesondere die Gruppentouristik auf solche Signale empfindlich. Da der freiwillige Parkeintritt gescheitert sei, werde ein Pflicht-Eintritt „zwangsläufig“ zu weniger Besuchern führen, „und dies wirkt sich auch auf den Tourismus in Brandenburg insgesamt aus“.

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