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Brandenburg: Protest in der Zwickmühle

Es wird eng für Anhänger der "Freien Heide": Während im alltäglichen Leben Kriegsangst, Bombenabwürfe und Aufrüstung allmählichen zum normalen Wortschatz gehören, wollen die Friedensbewegten im Norden Brandenburgs der Bundeswehr keinen Quadratmeter Übungsfläche überlassen. Scheinbar unbeeindruckt von den Ereignissen des 11.

Es wird eng für Anhänger der "Freien Heide": Während im alltäglichen Leben Kriegsangst, Bombenabwürfe und Aufrüstung allmählichen zum normalen Wortschatz gehören, wollen die Friedensbewegten im Norden Brandenburgs der Bundeswehr keinen Quadratmeter Übungsfläche überlassen. Scheinbar unbeeindruckt von den Ereignissen des 11. Septembers hält die mächtige Bürgerinitiative an ihrem Widerstand gegen die Tiefflieger fest.

Und ihre Aufrufe finden großen Anklang, wie die gestrige 72. Protestwanderung an den Rand des weitgehend abgesperrten "Bombodroms" zeigte. Doch jenseits der der Region zwischen Neuruppin, Rheinsberg und Wittstock könnte schnell der Stab über die von Pfarrern, Bürgermeistern und dem Landrat geführte Bürgerbewegung gebrochen werden. Nur weil sie ihre Ruhe vor den Tornados der Bundeswehr bewahren wollen, heißt es, ziehen sie alle Register der Gegenwehr - vom Protest auf der Straße bis zu juristischen Schritten.

Schon seit fünf Jahren veranstaltet die "Freie Heide" beispielsweise den größten Ostermarsch der Bundesrepublik. Auch jetzt, wo der Ruf nach einer starken Verteidigung allerorten zu hören ist, stellen sich die Anwohner des Übungsplatzes stur.

Doch wer so schnell und oberflächlich urteilt, kennt die Geschichte dieses Bombenabwurfplatzes in der Kyritz-Ruppiner Heide und die Mentalität der Ostdeutschen nur unzulänglich.

Als die russischen Truppen 1992 das riesige Gelände verlassen hatten, hofften die Menschen nicht nur in der Region auf ein Ende des täglichen Krachs und der täglichen Angst vor Abstürzen oder Fehlabwürfen. Doch im Handumdrehen beanspruchte die Bundeswehr das Terrain - ohne Gespräche mit den Betroffenen, ohne ein sonst übliches Planungsverfahren. Mit einem Schlag wurde der Glauben an den nun endlich erreichten Rechtsstaat zerstört. Der Schock dieses Husarenstreiches wirkt bis heute nach. Ganz unmittelbar machen die Anlieger täglich ihre Erfahrungen mit den Militärs. Anders als Bewohner der Großstadt oder einer Reihenhaussiedlung im Umland hören sie das Donnern der Jagdflieger und die Detonationen der Übungsgranaten - und sie erleben folglich die Fernsehbilder aus Afghanistan noch eindrücklicher. Heftiger denn je drang deshalb der Ruf der Friedensbewegten aus der längst nicht mehr idyllischen Heide heraus.

Es bleibt zu hoffen, dass die Bürgerbewegung ihn noch lange anstimmen kann. Vielleicht zwingt sie aber auch die Zwickmühle abgesichts der aktuellen Weltlagezum Umdenken.

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