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Ob Strafgefangene unter Auflagen aus der Sicherheitsverwahrung entlassen werden dürfen, muss der BGH nun in drei Fällen klären.

© p-a/dpa

Prozess: Gewalttäter vor Entlassung: Bundesgerichtshof entscheidet

Zwei in Sicherheitsverwahrung befindliche Straftäter sollen nach dem Urteil des Landgerichts freigelassen werden, ein dritter nicht. Die Anklage und ein Häftling haben Beschwerde eingereicht. Nun entscheidet der Bundesgerichtshof.

Die juristische Auseinandersetzung um die Entlassung von drei Straftätern aus der Sicherungsverwahrung kommt vor den Bundesgerichtshof. Am Donnerstag kündigte die Staatsanwaltschaft an, dass sie Beschwerde gegen die Beschlüsse des Landgerichts einlegen werde. Die Strafkammer hatte entschieden, dass aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zwei Straftäter am 28. Februar unter Auflagen entlassen werden müssen. Auch Steffen Tzschoppe, der Anwalt eines Häftlings, der nach Ansicht der Richter nicht entlassen werden soll, hatte bereits vor der Verhandlung angekündigt bis zum Bundesgerichtshof zu ziehen. Wie lange es dauert, bis das Bundesgericht eine Entscheidung fällt, ist unklar.

Wie berichtet, soll nach dem Beschluss der Strafkammer der 69-jährige Jürgen B., der seit 1969 in Haft sitzt und gesundheitlich stark angeschlagen ist, unter strengen Auflagen entlassen werden. Es sei nicht zu erwarten, „dass er nochmals schwerwiegende Straftaten begehen werde“, so die Einschätzung. Er wurde 1980 und 1984 wegen Totschlags verurteilt. Bei dem 63-jährigen Rainer P. soll die Sicherungsverwahrung auf Bewährung ausgesetzt werden. Alle Straftaten hatte er im Rausch begangen. Bei einem Trinkgelage 1994 erstach er einen Bekannten. Seit dem 14. Lebensjahr ist er alkoholabhängig. Auch wenn er in der JVA Tegel „seit 2001 beanstandungsfrei“ war, fürchten die Gutachter, dass er in Freiheit wieder anfangen könnte zu trinken. Beide Männer werden unter Führungsaufsicht gestellt.

Gegen die Freilassung entschieden sich die Richter bei Günther J., der 1987 wegen schweren Raubes, Vergewaltigung, sexueller Nötigung und gefährlicher Körperverletzung zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde. Es bestehe „weiterhin eine akute Gefahr“, dass der Mann erhebliche Straftaten begehen werde. Bereits im September hatte die Strafkammer die Fortsetzung der Sicherungsverwahrung für einen weiteren Straftäter beschlossen.

„Es gibt seit März einen runden Tisch von Justiz, Polizei und Sozialarbeitern zu diesem Thema“, sagte Justizsprecher Michael Kanert. Für jeden Sicherungsverwahrten werde für den Fall seiner Entlassung „ein individuelles Aufsichts- und Betreuungskonzept erstellt“. Auch in der JVA würden die Männer bereits jetzt entsprechend pädagogisch betreut. Mitte September hatten mehrere freie Träger für Gefangenenhilfe Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) kritisiert, weil die Gefängnisse Langzeitstrafgefangene nicht ausreichend auf die Resozialisierung in der Freiheit vorbereiten würden. Von der Aue wies die Vorwürfe entschieden zurück. Insgesamt betrifft das EGMR-Urteil neun Gefangene in Berlin. Die Justiz will die Männer nach ihrer Entlassung in Einrichtungen des betreuten Wohnens unterbringen. In anderen Bundesländern wurden die Unterbringungsorte der entlassenen Straftäter jedoch tagelang von Fotografen und Fernsehteams belagert, Anwohner protestierten.

Unterdessen gehen die Gespräche zwischen Berlin und Brandenburg über eine gemeinsame Unterbringung von Sicherungsverwahrten weiter. Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) sagte am Dienstag, dass die Arbeitsgruppe der beiden Länder zum Jahreswechsel ein erstes Eckpunktepapier vorlegen werde. Im Gespräch ist die Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel als Unterbringung für Berliner und Brandenburger Sicherheitsverwahrte. „In Brandenburg sind die therapeutischen Kompetenzen gebündelt“, sagte der Brandenburger Justizsprecher Frank Schauka. Es gebe dort bereits eine Landesklinik, eine sozialtherapeutische Anstalt innerhalb der JVA und einen Maßregelvollzug. Zudem stehe mit dem Hafthaus 4 derzeit ein Gebäude frei.

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