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Brandenburg: Rathenow: Lieber nette Nachbarn als eine eigene Dusche

Die Rathenower Asylbewerber müssen nicht nach Falkensee umziehen: In geheimer Abstimmung wurde Montag Abend in einem Sonderkreisausschuss in Rathenow über eine neue Bleibe für 100 Asylbewerber entschieden. Das Ergebnis fiel mit 9 zu 1 Stimmen bei drei Enthaltungen klar für das seit zwei Jahren geschlossene "Hotel Probst" in Rathenow aus.

Die Rathenower Asylbewerber müssen nicht nach Falkensee umziehen: In geheimer Abstimmung wurde Montag Abend in einem Sonderkreisausschuss in Rathenow über eine neue Bleibe für 100 Asylbewerber entschieden. Das Ergebnis fiel mit 9 zu 1 Stimmen bei drei Enthaltungen klar für das seit zwei Jahren geschlossene "Hotel Probst" in Rathenow aus. In einer vorangegangenen öffentlichen Anhörung konnten Bewohner des bisherigen Asylbewerberheimes Rathenow-Heidefeld, Vertreter von Bürgerinitiativen, Falkensees Bürgermeister Jürgen Bigalke, Rathenows Vizebürgermeister Ronald Seeger sowie Projektleiter Hannes Gabriel von der Mobilen Heimberatung Brandenburg Einwände und Wünsche vortragen. Vertreter der Polizei bestätigten, dass für die Sicherheit der Asylbewerber an beiden potenziellen Standorten gleich gut gesorgt werden könne.

Der Ausschuss hatte zwischen zwei Objekten zu entscheiden: eine Pension im Falkenseer Ortsteil Alt Brieselang war von der Kreisverwaltung vorgeschlagen worden, die Alternative "Hotel Probst" in Rathenow wurde von der Verwaltung erst nach öffentlichem Druck präsentiert. "Beide Objekte haben ihre Mängel: die eingeschränkte Mobilität in Alt-Brieselang und die zu großen Zimmer, in der immer vier bis fünf Personen untergebracht werden müssen im Hotel Probst", sagt Gabriele Steidl, Ausländerbeauftragte des Landkreises Havelland. Keines der Häuser ist für die Unterbringung von Familien geeignet; darüber waren sich die Ausschussmitglieder einig. Gabriel plädierte dafür, "im Einzelfall Familien gar nicht mehr in Gemeinschaftsunterkünften, sondern in eigenen Wohnungen unterzubringen". Einfluss auf die Entscheidung dürfte auch ein Brief der betroffenen Asylbewerber aus dem Heidefeld-Heim gehabt haben, die sich vehement gegen einen Umzug und für einen Verbleib in Rathenow ausgesprochen haben. Drei Gründe dafür zählten sie in dem Schreiben auf: Kurze Wege zu Behörden, zu Supermärkten und zu Ärzten, ein mittlerweile aufgeschlossenes Umfeld mit Kontakten zu Rathenowern und gemeinsamen Veranstaltungsbesuchen sowie das erworbene Vertrauen zu den Beschäftigten in ihrem Heim.

Obwohl die Unterkünfte in dem von der Kreisspitze favorisierten "Hotel Waldhof" Alt Brieselang besser als in den Rathenower Unterkünften ausgestattet gewesen wären, scheint den asylsuchenden Menschen doch der Kontakt zu den Havelländern wichtiger zu sein. Landrat Burkhard Schröder (SPD) hatte noch in der vergangenen Woche seinen Vorschlag mit den Worten verteidigt, dass "angesichts der unsicheren Rechtslage und drohender Abschiebung eine völlige Integration kaum gewollt sein könne. Enge Beziehungen würden das rechtsstaatliche Verfahren nur erschweren". Dem widersprach Ausländerbeauftragte Steidl am Montag nochmals: "Solche Kriterien darf man bei der Bewertung von Heimstandorten gar nicht erst ansetzen."

Der Vorschlag der Verwaltung, das neue Asylbewerberheim in Alt-Brieselang zu betreiben, hatte für erheblichen Unmut gesorgt. Im Vorfeld des Kreistages am Montag vergangener Woche, in dem die Entscheidung für die Vergabe hätte fallen sollen, waren neue Fakten für die Bewertung der Angebote bekannt geworden: Der Bieter des "Hotel Probst" war bereit, eine zweijährige Vertragsbindung mit dem Landkreis zu akzeptieren. Vorher bestand er auf einem "Fünf-Jahres-Vertrag". Der Landkreis muss eines seiner drei Asylbewerberheime schließen, weil im Heidefeld ein Unternehmen der Optikindustrie investieren möchte.

Dorothea Flechsig

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