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Brandenburg: Rechnungshof bleibt bis Mai führungslos Endlose Suche: Es gibt weder eine Ausschreibung

noch ein Gutachten zur Bewertung von Bewerbern

Potsdam - Die Neubesetzung der Präsidentenstelle am Brandenburger Rechnungshof verzögert sich immer weiter. Wie Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) dem Tagesspiegel sagte, soll nach den jetzigen Planungen erst Ende April ein Nachfolger für Gisela von der Aue gewählt werden, die im November als Justizsenatorin nach Berlin gewechselt war. Da Vizepräsident Arnulf Hülsmann wegen Betrugsvorwürfen seit 2003 vom Dienst suspendiert ist, ist der Hof derzeit praktisch führungslos.

Die Wahl des Präsidenten war für Dezember vorgesehen und wurde mehrmals verschoben, zuletzt auf März. Grund ist ein Besetzungsverfahren, das Beobachter längst „Provinzposse“ und „Postengeschacher“ nennen. Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) ist daran nicht ganz unbeteiligt: Unmittelbar nach Bekanntwerden des Ausscheidens Gisela von der Aues hat er die SPD-Landtagsabgeordnete Britta Stark als Nachfolgerin vorgeschlagen – obwohl er kein Vorschlagsrecht besitzt und Zurückhaltung geboten wäre: Der Rechnungshof kontrolliert die Regierung im Auftrag des Landtages „als unabhängiges Organ der Finanzkontrolle“.

Nicht nur in der SPD-Fraktion löste Platzecks schneller Vorschlag damals Unmut aus, auch außerhalb des Landtages wurden prompt Zweifel an der Eignung Starks für den herausgehobenen Posten laut. Sie ist weder Juristin noch Finanzexpertin. Selbst Landtagspräsident Gunter Fritsch ging damals auf Distanz und plädierte für eine Ausschreibung der Präsidentenstelle. Doch nun wird es nach Tagesspiegel-Informationen weder eine Ausschreibung noch ein Rechtsgutachten zur weiteren Verfahrensweise geben.

Das Gutachten sollten der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Ernst Benda und der Potsdamer Rechtswissenschaftler Dieter Umbach anfertigen. Nach Tagesspiegel-Informationen hat Benda jedoch mittlerweile seine Bereitschaft zurückgezogen. Das Gutachten sollte auch die Frage klären, ob der künftige Präsident „die Befähigung zum Richteramt“ haben muss. Von der Aue und Hülsmann besaßen diese. Unter den derzeitigen Direktoren des Rechnungshofs befindet sich niemand, der zum Richteramt befähigt ist. Im Rechnungshofgesetz heißt es dazu: „Ein Drittel der Mitglieder des Rechnungshofes, darunter der Präsident oder der Vizepräsident, soll über die Befähigung zum Richteramt verfügen.“

Zwar sind unter den inzwischen elf Bewerbern für das Präsidentenamt auch einige Volljuristen, dennoch will die SPD an ihrer Kandidatin Britta Stark festhalten. Fritsch bestätigte, dass sich die Fraktionschefs von SPD, CDU und PDS vergangene Woche im Kern auf eine Lösung verständigt haben: Da neben der Präsidentenstelle zwei Direktorenposten neu besetzt werden müssen, wird die CDU für einen dieser Posten eine Person mit Befähigung zum Richteramt vorschlagen.

Der zweite Direktorenposten soll mit der PDS-Politikerin Kerstin Osten besetzt werden, die diese Befähigung nicht hat. Bei dieser „Allparteien-Lösung“ wäre zumindest ein Mitglied der fünfköpfigen Rechnungshofspitze Volljurist. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, dass SPD, CDU und PDS ihre Kandidaten durchbringen wollen und man sich deshalb auch gegenseitig die Mehrheiten im Landtag sichern wird. Kommt es so, wären Konkurrentenklagen programmiert.

Seite 2, Fragen des Tages

Michael Mara

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