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Brandenburg: Rechte Gewalt: "Hohngelächter" der Rechtsextremisten

Elf rechte Vorfälle allein in einer Woche - die Auflistung der kleinen Polizeimeldungen, die in den vergangenen sieben Tagen eingingen, zeigt erneut, in welchem Ausmaß Teile der Brandenburger Jugend von Fremdenhass und Nazikult infiziert sind. Das betrifft aber auch Angehörige der Polizei.

Von Frank Jansen

Elf rechte Vorfälle allein in einer Woche - die Auflistung der kleinen Polizeimeldungen, die in den vergangenen sieben Tagen eingingen, zeigt erneut, in welchem Ausmaß Teile der Brandenburger Jugend von Fremdenhass und Nazikult infiziert sind. Das betrifft aber auch Angehörige der Polizei. In Fürstenwalde meinte ein Beamter, nach der Begegnung mit einem Israeli antisemitische Parolen äußern zu können. Wie weit vor allem Jugendliche und Heranwachsende, nicht nur in Brandenburg, sich von den Normen des Rechtsstaats entfernt haben, hat gerade letzte Woche Ministerpräsident Manfred Stolpe beschrieben. Besonders junge Leute brächen bei Erwähnung der Grundsätze "Recht und Gesetz" in "Hohngelächter" aus, sagte Stolpe bei einem Vortrag in Polen, an der Universität Poznan. Dieses "Hohngelächter" war auch letzte Woche im Land Brandenburg unüberhörbar. Eine Bilanz.

Als ein Israeli, der seinen Pass verloren hatte, Anfang der Woche die Wache Fürstenwalde verlässt, sagt ein Polizist "solche Leute muss man vergasen". Kollegen melden den Vorfall, der Beamte wird vom Dienst suspendiert.

In Strausberg schlägt ein 19-jähriger Neonazi einen Schüler ins Gesicht und tritt ihn mit Springerstiefeln. Eine 17 Jahre alte Begleiterin des Extremisten hetzt dessen Pitbull-Terrier auf das Opfer. Der Hund beisst den Jugendlichen in den Unterarm. Laut Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) wird der 19-jährige Neonazi in Haft genommen. Er war erst im Dezember zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe wegen Diebstahls, Sachbeschädigung und Verwendens von NS-Kennzeichen verurteilt worden.

Mit rassistischen Pöbeleien beleidigen am späten Mittwochabend in Eberswalde zwei Brüder im Alter von 28 und 32 Jahren einen türkischen Wirt. Dieser hatte den beiden Männern Hausverbot erteilt und weigerte sich nun, die Randalierer einzulassen. Die Polizei nimmt die Brüder fest.

In einer Schule in Gartz (Uckermark) bemerkt eine Lehrerin am Donnerstag, dass sich eine 13 Jahre alte Schülerin ein Hakenkreuz auf einen Unterarm malt. Bei der Durchsicht der Schulsachen des Mädchens werden Zettel mit Gewalt-Parolen und ein weiteres Hakenkreuz entdeckt. In einem Gespräch im Schulsekretariat bleibt die 13-Jährige laut Polizei "uneinsichtig und stur".

Fünf junge Rechtsextremisten attackieren in Hennigsdorf eine türkische Familie. Erst wird der zehnjährige Sohn mit Steinen beworfen, dann beleidigen die Randalierer die ganze Familie mit rassistischen Sprüchen. Außerdem wird der Hitlergruß gezeigt. Die Polizei kann noch in der Nacht zwei Rechtsextremisten festnehmen.

Die Polizei löst am Donnerstagabend ein Treffen von 18 rechten Jugendlichen am Potsdamer Hauptbahnhof auf. Vier der zum Teil alkoholisierten jungen Männer befolgen den Platzverweis nicht und werden in Gewahrsam genommen.

Freitagmorgen werden auf Straßen und Verkehrszeichen in Bernau rechtsextreme Schmierereien entdeckt. Unter anderem findet sich auf einer Fahrbahn ein anderthalb mal ein Meter großes Hakenkreuz.

Aus einer Wohnung in Rathenow schallen am späten Freitagabend rechtsextreme Musik und Gegröle. Die Polizei nimmt zehn junge Männer und vier Frauen fest. Die meisten seien "überwiegend polizeilich bekannt", teilt das Oranienburger Präsidium mit.

In Schwedt nimmt die Polizei am Freitagabend einen 15-Jährigen und einen zwei Jahre älteren Kumpan fest, nachdem sie mehrmals "Sieg Heil" gerufen haben.

Am selben Abend prügeln mutmaßliche Rechtsextremisten aus Berlin mit Gästen in einem Jugendklub in Zeuthen. Bei der Schlägerei werden vier Personen verletzt. Als die Polizei anrückt, flüchten die Berliner und rufen mehrfach "Sieg Heil".

Nochmal Freitagabend, diesmal in Brandenburg/Havel: Gegen 22 Uhr 30 dringen vier junge Rechtsextremisten in die Wohung eines 18-Jährigen ein, schlagen und treten auf ihn ein, rauben CDs, eine Schreckschuss- und eine Luftdruckpistole, einen Kopfkissenbezug und Tabak. Die Polizei wird auf die Gruppe aufmerksam, weil sie auf dem Weg vom Tatort zur Straßenbahn "Sieg Heil" skandiert.

Am Wochenende haben dann Brandenburger Politiker auf einer Konferenz in Alt Ruppin "mehr Zivilcourage" gefordert - gleichzeitig warnte aber der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, Karl-Ludwig Böttcher, vor "Hysterie". Klare Positionen gegen Rechtsextremismus und Gewalt forderte hingegen Generalsuperintendent Rolf Wischnath, der das landesweite Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit leitet. Wischnath äußerte sich in Frankfurt (Oder). Er sprach sich auch für die Gründung von mehr Bündnissen gegen Rechtsextremismus auf lokaler Ebene aus. In der Bevölkerung dürfe es keine Nachsicht für rechte Gewalttäter geben. Doch man müsse ihnen auch, betonte Wischnath, einen Weg zurück in die Gesellschaft offen halten.

Um die Bekämpfung des Rechtsextremismus zu verstärken, erhält Brandenburg in diesem Jahr rund fünf Millionen Mark von Bund und Europäischer Union. Mit dem Geld sollten "dauerhaft" die Jugendarbeit und "Strukturen gegen Rechts" unterstützt werden, sagte Bildungsminister Steffen Reiche am Wochenende. Insgesamt stellen der Bund und die EU allen Bundesländern in diesem Jahr 65 Millionen Mark für Aktivitäten zur Eindämmung von Fremdenfeindlichkeit und Gewalt zur Verfügung. Laut Reiche ist allerdings unklar, ob das Geld auch in den nächsten Jahren fließt.

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