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Brandenburg: Religionsunterricht: Glaubensfragen auf dem Prüfstand in Karlsruhe

Das brandenburgische Schulfach Lebensgestaltung, Ethik, Religionskunde (LER), das in Deutschland bislang einmalig ist und anstelle staatlichen Religionsunterrichtes gelehrt wird, steht auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichtes. Am Dienstag werden die Karlsruher Richter erstmals über die Klagen von CDU/CSU-Bundestagsfraktion, evangelischer und katholischer Kirche sowie einiger Eltern gegen LER beraten, das als Flaggschiff sozialdemokratischer Bildungspolitik im Lande gilt.

Das brandenburgische Schulfach Lebensgestaltung, Ethik, Religionskunde (LER), das in Deutschland bislang einmalig ist und anstelle staatlichen Religionsunterrichtes gelehrt wird, steht auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichtes. Am Dienstag werden die Karlsruher Richter erstmals über die Klagen von CDU/CSU-Bundestagsfraktion, evangelischer und katholischer Kirche sowie einiger Eltern gegen LER beraten, das als Flaggschiff sozialdemokratischer Bildungspolitik im Lande gilt. Es war 1996 von der SPD-Alleinregierung unter Ministerpräsident Manfred Stolpe eingeführt worden. Gegenüber dem Tagesspiegel äußerte sich Brandenburgs Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) gestern optimistisch, dass das höchste deutsche Gericht in seinem noch in diesem Jahr erwarteten Urteil die Position Brandenburgs bestätigen wird. Er fahre "gelassen nach Karlsruhe", so Reiche.

Der Prozess wird nicht nur mit Spannung erwartet, weil er "für die Klärung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche hoch wichtig ist", wie es die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) formuliert. Sein Ausgang birgt auch Zündstoff für die Große Koalition in Brandenburg, da die Union bislang LER strikt ablehnt und eine "Benachteiligung von Kindern von Christen" (Fraktionschefin Beate Blechinger) an den hiesigen Schulen beklagt. Im Koalitionsvertrag war lediglich verankert worden, dass erst nach dem Urteil von Karlsruhe über LER und Religionsunterricht entschieden wird. Entgegen ursprünglichen Plänen wird Regierungschef Stolpe das Land in Karlsruhe selbst federführend vertreten: Dem Vernehmen nach war in SPD-Kreisen das Misstrauen groß, dass der konservative Justizminister Kurt Schelter (CDU, früher CSU) bei der Anhörung Brandenburgs Position untergraben könnte.

Er wertete es als gutes Signal, dass sich das Gericht im Vorfeld nicht nur für die juristische Argumentation Brandenburgs, sondern auch für die "wirkliche Situation" im Lande interessiert habe, betonte Reiche. Diese sei schließlich dadurch gekennzeichnet, dass nur jeder fünfte Einwohner konfessionell gebunden sei. Wegen der geringen Zahl an Christen sei es jedoch wichtig, für alle Kinder ein wertorientiertes Fach wie LER anzubieten, das, so das Schulgesetz, "bekenntnisfrei, religiös und weltanschaulich neutral" vermittelt werden soll. Nach einem dreijährigen Modellversuch wurde LER 1996 zum Pflichtfach. Inzwischen erhalten 65 000 Brandenburger Schüler Unterricht in LER, das an 70 Prozent der märkischen Schulen (von der 7 bis zur 10. Klasse) unterrichtet wird. Darüber hinaus kann an Schulen von den Kirchen außerhalb des Lehrplans freiwilliger Religionsunterricht angeboten werden, an dem sich zur Zeit 16 000 Schüler beteiligen. "Ich bin für guten LER und guten Religionsunterricht", betonte Reiche. "LER richtet sich nicht gegen die Kirchen." Er bedauerte, dass die Kirchen das bislang geringe Angebot an Religionsunterricht nicht ausgeweitet hätten, obwohl das Land 90 Prozent der Kosten übernehme. Die Kirchen und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wollen hingegen in Karlsruhe durchsetzen, dass künftig Religionsunterricht in Brandenburg als staatliches Schulfach unterrichtet wird.

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