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Brandenburg: Rinderwahn: "Knapp 500 tote Tiere und ein Haufen Ärger"

Zuerst die gute Nachricht: Brandenburgs erster BSE-Fall ist bisher der einzige geblieben. Fast 27 000 Rinder im Land sind seit Dezember auf den Erreger getestet worden - positiv war allein der Befund einer Kuh aus Hertefeld (Havelland) Ende Januar.

Zuerst die gute Nachricht: Brandenburgs erster BSE-Fall ist bisher der einzige geblieben. Fast 27 000 Rinder im Land sind seit Dezember auf den Erreger getestet worden - positiv war allein der Befund einer Kuh aus Hertefeld (Havelland) Ende Januar. Angesichts der Folgen dieses BSE-Falles ist zwar niemand durchgedreht, aber - und das ist die schlechte Nachricht - der Ärger ist längst nicht vorbei.

Henning Kellner, Umwelt- und Agrardezernent des Landkreises Havelland, resümiert zum Fall Heterfeld betrübt, dass "knapp 500 tote Tiere und ein Haufen Ärger" das Ergebnis gewesen seien. Kellner hatte damals als Leiter des BSE-Krisenstabes die Tötung der gesamten Herde von Gut Hertefeld angeordnet. Das war die übliche Vorgehensweise zu dieser Zeit, als Verbraucher und Wissenschaftler gleichermaßen ratlos waren. 449 Rinder fielen der Aktion zum Opfer. Vergeblich hatte ihr Besitzer, Friedrich August Herzog von Oldenburg, am Tage der Tötung Widerspruch eingelegt.

Nun klagt er vor dem Verwaltungsgericht, weil die "Tötungsanordnung aus Seuchenschutzgründen" rechtswidrig gewesen sei. BSE sei eine Einzeltiererkrankung und keine Seuche, argumentiert der Landwirt. Dann hätte aber auch die Tierseuchenkasse keine Entschädigung gezahlt, kontert der Umweltdezernent. Damit trifft er den nächsten wunden Punkt bei von Oldenburg, der den Landkreis mitverantwortlich dafür macht, dass ihm die Tierseuchenkasse nur 70 Prozent der erhofften Summe erstattet habe. Den Wert seiner Tiere hatte er damals auf jeweils 1500 bis 2000 Mark geschätzt.

Für den Landkreis Havelland ist der BSE-Fall schon ungeachtet möglicher Schadensersatz-Forderungen teuer geworden: rund 110 000 Mark kosteten Absperrung, Transport und Keulung; allein 70 000 Mark verschlang die Beseitigung der Tierkörper. Das Geld kam aus einem Havariefonds des Kreises. "Noch zwei drei solche Fälle, und wir können unseren Haushalt einstampfen", hieß es damals in der Verwaltung. Dazu kam es dann doch nicht, aber möglich wäre ein neuer BSE-Fall jederzeit. Dann würde der Landkreis wieder einen Krisenstab bilden, der in Absprache mit dem Amtstierarzt entscheidet, welche Tiere getötet werden. Dezernent Kellner könnte sich künftig auch die so genannte Kohortenlösung vorstellen - also nur die Geschwister des betroffenen Rindes sowie die Tiere, die ein Jahr vor oder nach dem Tier geboren wurden, zu töten.

Diese Variante würde auch Udo Folgart, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes, favorisieren. Zugleich hält er das damalige Verhalten der Kreisbehörden für richtig. Auch er selbst habe damals mit einer Welle von BSE-Fällen gerechnet. "Zu diesem Zeitpunkt herrschten ja noch Angst und Schrecken." Der Landwirt sei korrekt entschädigt worden. Die Klage vor dem Verwaltungsgericht sei dennoch "sein gutes Recht".

Wirtschaftlich scheint die Gut Hertefeld GmbH über den Berg zu sein. Wochenlang waren die Ställe mit Hochdruckreinigern geschrubbt und desinfiziert worden. Nun sind die sechs Mitarbeiter nicht mehr auf Kurzarbeit, sondern kümmern sich um die neuen Rinder, die der Chef nach und nach zusammenkauft. 300 sollen es am Monatsende sein. In einem Jahr soll die Nachzucht beginnen - wenn nicht wieder eine schlechte Nachricht dazwischenkommt.

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