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Brandenburg: Rote Karte für Rassisten

Beim Ostderby Energie Cottbus gegen Dynamo Dresden sollen Provokateure keine Chance haben

Von Sandra Dassler

Cottbus - Das Landeskriminalamt sieht ein erhöhtes Sicherheitsrisiko, die Polizei erhält Verstärkung aus Sachsen, der Verein verkauft Eintrittskarten nur bei Vorlage des Personalausweises: Am Mittwoch findet das „Spiel der Spiele“ statt: Energie Cottbus gegen Dynamo Dresden.

Neben zigtausend friedlichen Zuschauern werden zum Ostderby auch jeweils rund 300 Fans aus Dresden und Cottbus erwartet, die vor Gewalttätigkeiten nicht unbedingt zurückschrecken. Und während Verein und Polizei dazu aufrufen, sich couragiert gegen jegliche Ausschreitungen zu stellen, fragt ein Fan auf der Homepage von Energie: „Darf man beim Spiel gegen Dynamo einen Schal umhaben, auf dem ,Scheiß Dresden‘ steht? Antwort: „Ohne ,Scheiß Dresden‘-Schal kommt man gar nicht ins Stadion“.

Manche mögen das heftig finden – solche Verbalangriffe sind aber in deutschen Fußballstadien gang und gäbe. So werden die Anhänger von Cottbus von gegnerischen Fans regelmäßig mit „Zickzack – Sorbenpack“ oder in den alten Bundesländern mit „Wir haben Arbeit und ihr nicht“ begrüßt; die Dresdner mit „Es kommt die Zeit, in der das Wasser wieder steigt“.

Schlimm und strafrechtlich relevant wird es, wenn im verbalen Gefecht rassistische oder antisemitische Parolen auftauchen. Dies geschah im Hinspiel von Cottbus gegen Dynamo im Dezember. Da wurde im Dresdner Stadion ein Plakat entrollt, auf dem in altdeutscher Schrift „Juden“ stand. Das „D“ in der Mitte war das Symbol von Dynamo Dresden.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte, zwei Cottbuser erhielten Stadionverbot, auch wenn sie beteuerten, das Plakat sei nur die Antwort auf ein von Dresdner Fans gehisstes Transparent. Darauf habe in Anspielung auf die osteuropäischen Spieler von Energie das Wort „Zigeuner“ gestanden.

Doch die rassistischen Provokationen beziehen sich nicht nur auf den Erzrivalen Dresden. Am letzten Wochenende entrollten Cottbuser bei einem Oberliga-Spiel ihrer 2. Mannschaft bei Sachsen Leipzig ein Transparent mit der Aufschrift „Ihr seid Ade – wir sind weiß!“ Mit Ade war der nigerianische Spieler Adebowale Ogungbure gemeint. Energie-Präsident Michael Stein war entsetzt: „Ich schäme mich – auch wir haben farbige Spieler. Und ich weigere mich, solche Rassisten als Fans zu bezeichnen. Wir werden alles tun, um sie zu identifizieren.“ Schwer dürfte das nicht sein. Viele wissen, aus welchem „Fanclub“ die Provokateure kommen. 30 bis 50 meist sehr junge Leute, aber auch einige Studenten, gehören zu dem seit 1999 bestehenden Verein. „Es wäre gut, den Namen des Clubs nicht zu nennen“, bittet ein Mitglied des Cottbuser Aktionsbündnisses gegen Fremdenfeindlichkeit: „Genau das wollen diese Leute erreichen: in den Medien präsent zu sein – deshalb gehen sie in die Fußballstadien.“ Wichtig sei die Provokation, weniger der Rassismus.

Jörn Meyer, der Geschäftsführer des Cottbuser Jugendhilfevereins, ist sich da nicht so sicher: „Wir haben seit Monaten überall in Brandenburg antisemitische Schmierereien, die offenbar organisiert werden. Nicht auszuschließen, dass diese Leute versuchen, in der Fanszene Fuß zu fassen.“ Meyers Verein betreut seit 1998 das Cottbuser Fanprojekt. 33 dieser Projekte gibt es in Deutschland, sagt Michael Gabriel von der Koordinationsstelle Fanprojekte in Frankfurt am Main. Gabriel ist überzeugt, dass Rassismus kein spezielles Ost-Problem ist. Allerdings hätten manche Ostklubs lange die Probleme ignoriert – zum Beispiel Dresden: „Seit die Vereinsführung das Fanprojekt unterstützt, ist es besser geworden“. Wobei sozialpädagogische Fanarbeit vor allem die anständigen Fans stärken müsse. „Die können eine Atmosphäre schaffen, in der Rassismus und Gewalt geächtet wird“, sagt Gabriel.

Genau das wollen Verein und Fans am Mittwoch in Cottbus erreichen. Auch wenn es für beide Vereine um den Aufstieg beziehungsweise um den Abstieg gehen könnte, auch wenn „Scheiß-Dresden“-Schals erlaubt sind, soll das Stadion der Freundschaft seinem Namen gerecht werden.

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