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Brandenburg: Sachsenhausen: Ein Klinkerwerk als Hölle auf Erden

Ein seit Jahrzehnten vergessener Ort des Sterbens und der Quälerei Hunderter KZ-Häftlinge steht seit gestern im Mittelpunkt einer Ausstellung in Oranienburg. Unter dem Titel "Steine für Germania, Granaten für den Endsieg" zeigt sie die Geschichte des Außenlagers "Klinkerwerk" des KZ Sachsenhausen.

Ein seit Jahrzehnten vergessener Ort des Sterbens und der Quälerei Hunderter KZ-Häftlinge steht seit gestern im Mittelpunkt einer Ausstellung in Oranienburg. Unter dem Titel "Steine für Germania, Granaten für den Endsieg" zeigt sie die Geschichte des Außenlagers "Klinkerwerk" des KZ Sachsenhausen. Hier hatte die SS gezielt einzelne Häftlinge und Häftlingsgruppen ermordet. Bei einem alliierten Bombenangriff am 10. April 1945 verloren mehrere Hundert hier zur Knochenarbeit gezwungene Männer ihr Leben. Bis zur Wende diente das unmittelbar am Oder-Havel-Kanal gelegene Gelände einer chemischen Kampfstoffeinheit der NVA als Übungsgebiet und Schießstand. Nach 1990 verkam das Gebiet zur illegalen Müllkippe, ehe 1991 eine Betonfirma das Hafenbecken und angrenzende Grundstücke erwarb. Seit 1996 steht die Fläche des ehemaligen Außenlagers unter Denkmalschutz.

"Wir eröffnen die Ausstellung ganz bewusst am attraktivsten Platz Oranienburgs", sagte Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke (SPD). Der Innenhof des Schlosses eigne sich sehr gut für die Auseinandersetzung mit dem dunkelsten Kapitel der Stadt. "Wir dürfen die KZ-Gedenkstätte nicht als Feigenblatt betrachten, sondern müssen uns selbst mitten in der Stadt immer wieder mit der Vergangenheit beschäftigen", meinte der Bürgermeister. Rund vier Kilometer liegen zwischen dem früheren Außenlager am Stadtrand und dem Schlossplatz.

An den authentischen Ort des Klinkerwerkes verirrt sich allerdings kaum ein Besucher. Die vor zwei Jahren am Kanalufer aufgestellte Figurengruppe ist durch die Einzäunung des Firmengeländes auf normalen Wegen nicht erreichbar. Der Künstler Stuart Wolff hatte gemeinsam mit Schülern eines Oranienburger Gymnasiums mehrere Skulpturen angefertigt. "Wir wünschen uns bald den Umzug der wetterfesten Ausstellungstafeln an die Stelle des Außenlagers", erklärte Gedenkstättendirektor Günter Morsch. Ein Geschichtspark solle an die Leidenszeit der Häftlinge erinnern. Gleichzeitig stehe der jetzige Ort der Ausstellung aber auch für das veränderte Verhältnis der Oranienburger zur KZ-Vergangenheit der Stadt. Nichts werde mehr ausgeblendet oder Gedenkstättenstiftungen allein überlassen.

Für den Denkmalschutz des Hafenbeckens gebe es mehrere "stichhaltige Gründe", denn das Gelände besitze einen Friedhofscharakter, meinte Morsch. Im Januar 1945 seien hier sechs bis acht Tonnen Menschenasche aus dem Sachsenhausener Krematorium in den Kanal gekippt worden, um Spuren des SS-Regimes zu verwischen. Während der Bauarbeiten für das Klinkerwerk, das Steine für den von Albert Speer geplanten Umbau Berlins zur Haupstadt "Germania" produzieren sollte, habe die SS immer wieder Häftlinge in den Sumpf getrieben. "Hier ertranken und ersticken sie." Außerdem seien unzählige Leichen von Opfern des Luftangriffs kurz vor Kriegsende einfach in den Bombentrichtern verscharrt worden. Das weltweit größte Ziegelwerk wurde 1944 zur Granatenwerkstatt. Täglich 10 000 Stück verließen die Werkhallen in der Nähe der Lehnitzschleuse, wo täglich rund 1500 Häftlinge schuften mussten. Ein Überlebender aus Frankreich sprach am Rande der gestrigen Ausstellungseröffnung von der "Hölle auf Erden".

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