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Brandenburg: Schönbohm wetzt das Messer: Zwangsfusion wird Gesetz

Pläne für Eingemeindungen nach Potsdam und Cottbus führen zu Streit in den Parteien 400 Kommunen verweigerten den freiwilligen Zusammenschluss zur Großgemeinde

Von Michael Mara

Potsdam. Die Koalition macht Ernst: Am Mittwoch behandelte der Landtag die ersten vier Gesetzentwürfe der Landesregierung zur Zwangsfusion von Gemeinden. Weitere zwei Sammelgesetze will das Kabinett Ende Oktober beschließen und in den Landtag einbringen. Die gestern behandelten ersten vier Einzelgesetze wurden vorgezogen, weil sie aus Sicht der Koalition die „dicksten Brocken“ enthalten, über die am heftigsten gestritten wird: So sind maßgebliche CDU-Politiker des Landkreises Potsdam-Mittelmark gegen die von CDU-Innenminister Jörg Schönbohm geplante Zwangsfusion der Gemeinde Golm mit Potsdam. Und im Landkreis Spree-Neiße machen SPD-Politiker gegen die vorgesehene Zwangseingliederung von drei Gemeinden nach Cottbus Front.

Schönbohm begründete vor dem Landtag das gesetzliche Zwangsverfahren mit der Gesamtverantwortung für die Entwicklung des Landes: Es würden starke und zukunftsfähige Kommunen gebraucht. Auch müsse die vor zweieinhalb Jahren begonnene Gemeindereform rechtzeitig vor den Kommunalwahlen 2003 abgeschlossen werden. Schönbohm wies darauf hin, dass es eine mehr als zweijährige Phase freiwilliger Zusammenschlüsse gegeben habe. Vom Innenministerium seien mehr als 300 Neugliederungsverträge genehmigt worden, an denen 940 Gemeinden beteiligt gewesen seien. Das Ergebnis: Die Zahl der Gemeinden hat sich von einst knapp 1500 – davon 861 mit weniger als 500 Einwohnern – auf rund 750 reduziert.

Dennoch gibt es laut Schönbohm noch rund 250 Kleinstgemeinden, die jetzt zwangsweise mit anderen zusammengeschlossen werden sollen. Laut Innenministerium sind insgesamt etwa 400 Gemeinden betroffen. Die Zahl der „Totalverweigerer“ wird auf etwa 140 beziffert. Es sei damit zu rechnen, dass die meisten von ihnen vor das Landesverfassungsgericht ziehen. Dennoch gehen führende Koalitionspolitiker davon aus, dass die Gemeindereform abgeschlossen werden kann und weder an inneren Konflikten in der Koalition noch am Verfassungsgericht scheitern wird.

Die PDS allerdings nahm gestern eine kritische Position ein: Es handele sich um eine „von oben verordnete Reform“, deshalb müsse in jedem einzelnen Streitfall geprüft werden, ob es bessere Lösungen gebe, so der Abgeordnete Stefan Sarrach. Er kritisierte, dass die Landesregierung in ihren Gesetzentwürfen nur je einen Vorschlag ohne Alternative unterbreite. So gebe es zum Beispiel für die Stadt Brandenburg, die sich die boomende Gemeinde Wust einverleiben solle, andere, sinnvollere Möglichkeiten. Das gelte auch für die geplante Fusion der Gemeinden Groß Gaglow, Gallinchen und Kiekebusch mit Cottbus. Die vorgesehene Eingliederung von Golm nach Potsdam lehnte Sarrach ab.

Der Landtag traf noch keine Entscheidungen, sondern überwies die Gesetzentwürfe an den Innenausschuss. Änderungen an dem Gesamtpaket hält man in der Koalition noch durchaus für möglich.

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