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Brandenburg: Schule per Video: Die Finnen zeigen, wie’s geht

Wie organisiert man Unterricht in dünn besiedelten Regionen? Matthias Platzeck schaut sich in Skandinavien an, wie diese Aufgabe zu lösen ist

Jyväskylä/Laukaa. „Es ist halb acht“: Emma, die Schülerin auf dem Fernsehbildschirm, hat die richtige Antwort gegeben. Ihr Lehrer Illkka Linderoos schiebt im 30 Kilometer entfernten Laukaa das Blatt mit der nächsten Aufgabe unter die Kamera auf seinem Tisch: Es ist kein gewöhnlicher Deutschunterricht, den sich Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) da in der Schule von Laukaa anschaut. Das ist eine Kleinstadt mit 17000 Einwohnern nördlich von Helsinki. Was er hier sieht, könnte auch bald in Brandenburg Wirklichkeit werden.

Emma ist per Videokamera und Fernsehschirm in den Deutschkurs der acht Neuntklässler in Laukaa zugeschaltet. „Anders können wir Unterricht in manchen Schulen nicht mehr organisieren, weil es zu wenige Schüler gibt“, sagt Linderoos. Anfangs sei das zwar gewöhnungsbedürftig gewesen, erzählen die Schüler. „Jetzt ist es Alltag.“

„Ja“, sagt Matthias Platzeck später nachdenklich, „wir werden in einigen Jahren auch in Brandenburg über solche Lösungen wie Videounterricht nachdenken müssen.“ Seit Donnerstag ist er auf einer dreitägigen „Bildungsreise“ in Finnland. Ihn treibt eine zentrale Frage um: Wie schafft es Finnland mit nur fünf Millionen Einwohnern – so viele wie Brandenburg und Berlin haben – eine der modernsten Wirtschaften Europas aufzubauen und ein so erfolgreiches Bildungssystem zu organisieren, dass die Finnen beim Pisa-Test siegten? Und was kann Brandenburg von den Finnen lernen?

Es ist Brandenburgs großes Problem der nächsten Jahre, dass aus den Randregionen immer mehr Menschen wegziehen. „Man kann von den Finnen vor allem lernen, dass das Land in der Wissensgesellschaft angekommen ist“, stellt Platzeck schon nach den ersten Stationen fest. Ob in der Oberschule in Laukaa oder der Grundschule in Jyväskylä, der Partnerstadt von Potsdam: Überall fällt auf, wie viel Finnland in die Bildung investiert: Auf einen Lehrer kommen 10 bis 15 Schüler, in Brandenburg sind es 18, was im Bundesvergleich noch wenig ist. Wer nicht mitkommt, erhält in einer kleinen Gruppe gezielten Förderunterricht.

Vieles kommt Platzeck als Ostdeutschem bekannt vor. Zum Beispiel die neunjährige Schule für alle, für die sich Brandenburgs SPD neuerdings einsetzt. Als 1973 dieses Schulmodell in Finnland eingeführt wurde, habe man auf Erfahrungen aus der DDR zurückgegriffen, sagt Markuu Suortamo von der Schulbehörde. Es sei schon verrückt, sagt Platzeck, dass wir auf dem finnischen Umweg Dinge lernen, die wir früher schon mal wussten. Eins ist dem Regierungschef aber nicht geheuer. Meistens, wenn er seine freundlichen Gastgeber nach Kosten fragt, zucken die mit den Schultern. Die Finnen hätten wohl ein sehr entspanntes Verhältnis zum Geld, sagt Platzeck nach dem Motto: „Es wird überwiesen“. Dem klammen Brandenburg leider nicht.

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