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Schwedter Krankenhaus: Zu viele Notfallgeburten - AOK vermutet Betrug

Die AOK Brandenburg hat ein Krankenhaus in der Uckermark verklagt, da sie Sozialversicherungsbetrug vermutet. Innerhalb der letzten vier Jahre hatte es mehr als 400 Notfallgeburten polnischer Kinder gegeben. Dabei handele es sich um Gesundheitstourismus zu Lasten der Versicherten.

Nach Hunderten angeblicher Notfall-Geburten polnischer Kinder geht die AOK Brandenburg juristisch gegen das Uckermark-Klinikum Schwedt vor. Die Kasse stellt Anzeige wegen vermuteten Sozialversicherungsbetrugs gegen das Klinikum und einen dort bis 2007 beschäftigten polnischen Gynäkologen, wie der Sprecher der AOK Brandenburg, Jörg Trinogga, sagt. In dem Krankenhaus sollen seit der EU-Osterweiterung im Jahr 2004 mehr als 400 polnische Babys zur Welt gekommen sein. Es gebe Indizien dafür, dass es sich in der Mehrzahl nicht um Notfälle handelte.

"Es gibt kein anderes Krankenhaus entlang der Grenze, in dem es eine derartige Häufung von Niederkünften polnischer Frauen gibt", sagt Trinogga. In anderen Grenzstädten würden jedes Jahr nur einzelne Notfälle gezählt. Eine Sprecherin der AOK Sachsen gibt an, dort würden jährlich vielleicht drei bis vier solcher Geburten registriert.

"Wir wissen seit 2007, dass die Häufung von angeblichen Notfallgeburten im Klinikum Uckermark nicht zufällig entstanden sein kann. Sie sind Ergebnis eines erfolgreichen Krankenhausmarketings in Polen", sagt Trinogga. Die AOK vermute, dass die Frauen eigens eingereist seien, um in Deutschland zu entbinden. Die in der EU geltende Notfallregelung, die Hilfe in unvorhersehbaren Fällen vorsieht, nehme die Einreise in ein Land aus, "um sich dort Gesundheitsleistungen abzuholen".

Sobald die Wehen eingesetzt haben, sei jede Geburt ein Notfall", sagt der Klinikchef

"Uns blieb gar nichts anderes übrig, als Strafanzeige zu stellen", sagt Trinogga. Er verweist darauf, dass der AOK bisher Kosten in Höhe von 522.000 Euro entstanden seien. Denn die polnische Kasse NFZ habe ihre Zahlungen eingestellt und die AOK das vorgestreckte Geld nicht zurückerhalten. "Wir können unseren Versicherten schlecht vermitteln, dass wir für Gesundheitstourismus draufzahlen", sagt Trinogga. Auch die NFZ habe bei der Staatsanwaltschaft Szczecin (Stettin) Anzeige gegen Unbekannt gestellt, sagt eine Sprecherin der Anklagebehörde.

Klinikums-Geschäftsführer Michael Jürgensen sagt, das Krankenhaus habe seinerseits Klagen gegen Krankenkassen vor Sozialgerichten erhoben. Sie sollten die Vergütungen bezahlen. Grund der Klage sei, dass die Kassen seit längerem nicht mehr für diese Entbindungen zahlten. "Wir haben Notfälle behandelt", betonte Jürgensen. Eine Entbindung sei immer ein Notfall, wenn die Wehen einsetzten oder es zum Blasensprung gekommen sei. Der Geschäftsführer verwies auf Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, die allein 2007 die Geburten von 50 Kindern als Notfälle bestätigt hätten. (stb/ddp)

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