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© Sascha Michalski

Selbstmord: Todessprung: Polizei gibt Versäumnisse zu

Das Jugendamt erfuhr nichts vom ersten Suizidversuch einer Mutter, die sich am Montag mit ihrer dreijährigen Tochter in den Tod stürzte. Demnächst sollen solche Fälle gemeldet werden.

Nachdem sich eine Mutter mit ihrer dreijährigen Tochter am Montag in den Tod gestürzt hat, gestand die Potsdamer Polizei gestern Versäumnisse ein. Auf einer Pressekonferenz sagte Matthias Tänzer von der Führungsstelle des Potsdamer Polizeischutzbereichs, dass ein erster Suizidversuch der Mutter mit ihrem Kind am 1. August 2007 nicht an das Jugendamt der Stadt gemeldet worden sei. Die Beamten hätten damals keine Kindswohlgefährdung gesehen, begründete Tänzer. „Im Nachhinein hätte ich mir ein anderes Vorgehen gewünscht.“ Demnächst sollten solche Fälle aber gemeldet werden. Potsdams Jugendamtschef Norbert Schweers sagte: „Ich hoffe, dass wir in Zukunft solche Informationen bekommen.“

Wie berichtet hatte sich die 36-jährige Beate J. am Montag mit ihrer Tochter aus dem 14. Stock eines Wohnhauses im Plattenbaugebiet am Schlaatz in den Tod gestürzt. Im selben Haus war sie schon bei ihrem ersten Suizidversuch im August von Polizisten getroffen worden. Damals konnte die Frau per Handy-Ortung gefunden werden, weil sie ihren Selbstmordabsicht ihrem Ehemann per SMS angekündigt hatte.

Dass die damals eingesetzten Beamten den Vorfall nicht beim Jugendamt meldeten, begründete Tänzer mit der Situation vor Ort: Beate J. sei bereits wieder unten im Hausflur angetroffen worden und „hatte ihre Suizidabsicht schon aufgegeben“. Zudem habe das Kind seinem Vater übergeben werden können, die Mutter habe sich anschließend in der Psychatrie des Klinikums „Ernst von Bergmann“ stationär behandeln lassen. Nicht klären konnte Tänzer den Widerspruch, dass die Polizei im August noch gemeldet hatte, die Frau sei „wohlbehalten von einer Balkonbrüstung im oberen Bereich des Hauses“ geholt worden. Die anderslautende Information, die Frau sei bereits im Hausflur angetroffen worden, hätten ihm die damals eingesetzten Beamten gegeben, sagte er gestern.

Aber auch das Jugendamt der Statd wusste von der Suizidgefährdung der Frau – wenn auch erst seit Anfang April dieses Jahres. Am 26. März hatte sich Beate J. erneut in die Psychatrie einweisen lassen – und von dort ging ein Schreiben an das Jugendamt. In der Folge kam es nach Darstellung der Verwaltung am 8. April zu einem zweistündigen Gespräch, dass Beate J. in einem „stabilen Zustand“ gezeigt habe. Sie habe auf Hilfsangebote reagiert; eine laut Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) „erfahrene“ Mitarbeiterin des Jugendamts habe keine Anzeichen der Kindswohlgefährdung bemerkt – auch wegen der gefestigten familiären Situation. Allerdings war der Vater der Dreijährigen wegen eines Jobs in Dresden inzwischen wesentlich seltener bei seiner Familie in Potsdam als noch zur Zeit des ersten Suizidversuchs. Dies sei dem Jugendamt auch bekannt gewesen, hieß es gestern. Ob es daraus Schlüsse gezogen hat, blieb gestern ungeklärt.

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