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Sexualstraftäter: Streit um Sicherungsverwahrung

Zwischen dem Bund und der Brandenburger Landesregierung ist ein massiver Streit um Versäumnisse bei der Sicherungsverwahrung von Sexualstraftätern entbrannt. Bundesjustizministerin Zypries wirft Brandenburg Fehler bei Freilassung von Gewalttäter vor.

Berlin/Potsdam - Im Fall der umstrittenen Freilassung eines Kinderschänders aus Brandenburg (Havel) erhob der SPD-Rechtsexperte Klaus-Uwe Benneter schwere Vorwürfe gegen Landesjustizministerin Beate Blechinger (CDU). Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) warf den dortigen Behörden zugleich vor, gar keinen Antrag bei Gericht auf nachträgliche Sicherungsverwahrung gestellt zu haben. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hatte zuvor den Bundesgesetzgeber kritisiert, dass dieser eine Regelungslücke nicht geschlossen habe, die durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes entstanden ist.

Der SPD-Rechtsexperte Benneter kritisierte, die Behauptung Blechingers, dass es in dem Fall eine Gesetzeslücke gebe, könne er nicht nachvollziehen. Er betonte: "Die nachträgliche Sicherungsverwahrung ist eines der einschneidendsten Mittel in die Freiheit des Menschen." Deshalb müsse eine solche Maßnahme entsprechend ausreichend begründet werden. Offenbar sei der Generalstaatsanwalt in Brandenburg nicht in der Lage gewesen, einen Antrag zu stellen, da dieser seiner Ansicht nach keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.

Dagegen forderte Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg, dass das Bundesjustizministerium die Vorschriften zur Sicherungsverwahrung in Ostdeutschland noch vor Ostern reformieren müsse. Wegen der Gesetzeslücke sei eine nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht möglich.

Zypries-Ministerium will Gesetz vorlegen

Die Oberbürgermeisterin von Brandenburg/Havel, Dietlind Tiemann (CDU), sagte derweil, im Interesse der Bürger müssten die Verantwortlichen im brandenburgischen Justizministerium Druck auf das Bundesministerium ausüben, "so es wirklich eine Gesetzeslücke ist". Es sollte auch für gefährliche Straftäter, die in Ostdeutschland vor 1996 verurteilt wurden, nach Verbüßung der Haft einen direkten "Anschluss geben, damit derjenige nicht wieder in Freiheit gelangt".

Das Zypries-Ministerium kündigte unterdessen an, noch im Februar ein solches Gesetz zur Ausdehnung der Sicherungsverwahrung vorlegen zu wollen.

Der 42-Jährige Uwe K. aus Brandenburg (Havel) war Ende Januar nach elfjähriger Haft entlassen worden, obwohl er weiter als gefährlich gilt. Die Verhängung einer nachträglichen Sicherungsverwahrung war bei ihm nicht möglich. Grund für die Gesetzeslücke ist eine Regelung im Einigungsvertrag. Demnach darf für Straftaten, die vor dem 1. August 1995 in den neuen Bundesländern begangen wurden, keine Sicherungsverwahrung angeordnet werden. (Von Wolfgang Schönwald, ddp)

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