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Brandenburg: „Solange sich Berlins Denken nicht ändert, gibt es keine Fusion“

Finanzminister Speer verteidigt die Brandenburger Entscheidung, den Zusammenschluss aufzuschieben

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wirft der Brandenburger Koalition vor, in der Frage der Länderfusion kein Rückgrat zu zeigen?

Dass die Brandenburger die Fusion ablehnen, hängt auch mit ihrem Eindruck von der Berliner Politik zusammen. Nur zwei Beispiele: Ein Berliner Senator sprach einmal von Brandenburg als dem „Stadtpark Berlins“. Und Berlin war lange gegen das gemeinsame Finanzgericht in Cottbus, ganz so, als läge Cottbus am Ural. Wenn sich dieses Denken in Berlin nicht ändert, wird es in Brandenburg nie eine Zustimmung zur Fusion geben. Die Wirkung der Berliner Politik nach Brandenburg hinein ist das eigentliche Problem.

Sie meinen, Berlin ist zu überheblich, hat kein Verständnis für Brandenburger Befindlichkeiten?

Ja!

Warum kann die rot-schwarze Koalition nicht trotzdem offensiv für die Fusion werben, die ja als sinnvoll gilt?

Wir brauchen erst eine kalkulierbare Finanzperspektive für beide Länder. Die Brandenburger wollen wissen, wie die Schulden beider Haushalte verteilt werden. Zunächst muss das Bundesverfassungsgericht über die Klage Berlins entscheiden. Es muss klar sein, wie Bund und Länder die Hauptstadt künftig unterstützen. Dort sind die Neigungen, Berlin zu helfen, bekanntlich eher gering.

Wie lange hängt Brandenburg finanziell noch am Tropf von Bund und Ländern?

Der Solidarpakt läuft 2019 aus. Dann muss Brandenburg auf eigenen Füßen stehen. Wir müssen dann mit einem Etat von rund sieben Milliarden Euro auskommen – rund drei Milliarden weniger als heute. Das zeigt, wie schmerzhaft die Einschnitte sein werden.

Der Bund kritisiert, dass Transferhilfen statt in Investitionen in Konsum fließen.

Das hängt auch mit der veralteten Definition von Investitionen zusammen. Nur ein Beispiel: Bauen wir eine Brücke mit einem privaten Partner, gilt das als konsumtive Ausgabe – bauen wir sie selbst, ist es eine Investition. Grundsätzlich ist aber richtig, dass wir zu viel Geld für Konsum ausgeben. Das muss anders werden.

Brandenburg ist nach 14 Jahren hochverschuldet – eine Folge verfehlter Politik?

Eine Finanzpolitik wie in Sachsen hätte dem Land besser getan. Dort ist die Pro- Kopf-Verschuldung deutlich geringer, wir haben durch die hohe Verschuldung weniger Spielräume.

Wo wollen Sie kürzen?

Alles kommt auf den Prüfstand. Wir werden sehr ins Detail gehen müssen, denn Kleinvieh macht auch Mist. Allerdings haben wir uns im Koalitionsvertrag verständigt, Bildung, Wissenschaft, Technologieförderung auszunehmen. Am meisten muss beim Personal gespart werden. Wir wollen es bis 2009 auf 51000 Landesbedienstete minus x reduzieren.

Was wird aus dem Landtagsneubau?

Der Landtag ist marode. Ich habe eine Vorstellung, wie man es zusammen mit privaten Investoren machen könnte: Die Landesregierung auf zwei Standorte konzentrieren, frei werdende Immobilien vermarkten, so dass insgesamt eine verträgliche Belastung für den Haushalt entsteht. Bis März 2005 werden ich Vorschläge für Sanierung oder Neubau unterbreiten. Ein Neubau muss nicht teurer sein.

Sehen Sie sich als eiserner Sparminister?

Mir wird eine gewisse Furchtlosigkeit unterstellt. Wir müssen den Haushalt in Ordnung bringen, weil sonst in 20 Jahren keine Politik mehr stattfindet.

Das Gespräch führten Michael Mara und Thorsten Metzner.

Rainer Speer , 45, ist neuer Finanzminister. Bislang war der Sozialdemokrat Chef der Staatskanzlei. Speer gilt als durchsetzungsfähig. Er will Brandenburgs Haushalt von Grund auf sanieren.

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