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Brandenburg: Sonderkommission eingesetzt: Überfall auf Malaysierin gibt Ermittlern Rätsel auf

Die Polizei tappt bei der Aufklärung des Überfalls auf die Malaysierin Veronika K. in Schildow vorerst im Dunkeln.

Von Frank Jansen

Die Polizei tappt bei der Aufklärung des Überfalls auf die Malaysierin Veronika K. in Schildow vorerst im Dunkeln. "Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren", sagte der leitende Neuruppiner Oberstaatsanwalt Gerd Schnittcher gestern dem Tagesspiegel. Unterdessen ist die eingesetzte Sonderkommission von zunächst 30 auf 50 Mitarbeiter aufgestockt worden, die in Schildow und Umgebung fieberhaft nach Zeugen und Hinweisen suchen, jedoch bislang keine heiße Spur fanden. Ein 18-jähriger Tatverdächtiger sollte nach Angaben seiner Mutter am Freitagnachmittag wieder auf freien Fuß gesetzt werden.

Bei dem Opfer, das das Krankenhaus wieder verlassen konnte, handelt es sich um die Ehefrau eines Sachbearbeiters im Auswärtigen Amt. Der Überfall habe im Auswärtigen Amt "besondere Bestürzung" ausgelöst, sagte eine Sprecher des Außenministeriums am Freitag. "Für uns ist wichtig, dass die Umstände schnell geklärt werden und die Opfer betreut werden". Für die Betreuung des Mitarbeiters und seiner Frau sei ein für solche Fälle geschulter Experte abgestellt worden. Wegen des möglichen fremdenfeindlichen und terroristischen Hintergrunds der Tat schaltete Justizminister Kurt Schelter den Generalstaatsanwalt ein, der die Ermittlungen koordinieren soll. Gleichzeitig bat ihn der Minister, Verbindung mit dem Generalbundesanwalt aufzunehmen.

Die Polizei ermittelt in alle Richtungen, vermutet nach Auskunft Schnittchers jedoch vorrangig einen fremdenfeindlichen Hintergrund. Gleichwohl löste der Fall in diplomatischen Kreisen der Bundeshauptstadt Irritationen aus. So hat sich die Botschaft Malaysias eingeschaltet. Botschaftsrat Rashid Long hielt sich über mehrere Stunden bei der Familie der 33-Jährigen auf. In Schildow fand am Freitagnachmittag eine Kerzendemonstration gegen Gewalt mit rund 100 Teilnehmern statt.

Die 33-jährige Malaysierin, die seit 1992 mit dem Beamten verheiratet ist und sich in Deutschland nach Tagesspiegel-Informationen nicht wohlgefühlt haben soll, war am Donnerstag gefesselt und geknebelt auf ihrem Grundstück von ihrer Schwiegermutter gefunden worden. Die Frau wurde in einer Scheune hinter einem Carport gefunden. Die Ermittlungen waren zunächst dadurch erschwert worden, als die offenbar noch unter Schock stehende Frau eine förmliche Vernehmung durch die Ermittler zunächst ablehnte, gegenüber einem Staatsanwalt gleichwohl erste Aussagen machte. "Leider" habe sie auch eine Untersuchung durch eine Rechtsmedizinerin abgelehnt, wie Schnittcher sagte. Nach eigenen Angaben verließ die Frau ihr Haus am Donnerstagvormittag gegen 10 Uhr 50, um zu Fuß zu einer nahe gelegenen Arztpraxis zu gehen. Aus einem neben ihr anhaltenden, weißen Kleintransporter älteren Baujahrs und unbekannten Typs seien plötzlich maskierte Personen gestiegen und hätten sie in den Wagen gezerrt. Dann soll es zu einem vermutlich gelben Container gegangen sein. Dort warteten der Frau zufolge weitere Personen, darunter auch weibliche Personen. Sie sei zur Einnahme von Tabletten gezwungen worden und habe über die weiteren Vorgänge keine Erinnerung. Außerdem seien ihr die Haare abgeschnitten worden. Nach Polizeiangaben wurde sie "zumindest an den Füßen gefesselt" vorgefunden. Sie habe "kleine Verletzungen im Mundbereich und Blutverkustungen im Bereich des Ohres" gehabt.

"Sollte sich ein fremdenfeindlicher Hintergrund bewahrheiten, wäre dies einer der schlimmsten Vorfälle dieser Art im Land", sagte Regierungschef Manfred Stolpe. Die grüne Bundestagsabgeordnete Sylvia Voß sagte, dass sich "Maßstäbe verschieben", weil eine Familie aus dem Auswärtigen Amt betroffen sei. Inzwischen müsse gleichwohl gefragt werden, ob Ausländern wirklich noch guten Gewissens ein Besuch in Brandenburg empfohlen werden kann. Voß: "Eigentlich nicht."

Die Frau hatte vor zwei Wochen Anzeige erstattet, weil sie ein 18-jähriger an einer Bushaltestelle auf dem Fahrrad attackierte, so dass sie gestürzt sei. Der Verdacht gegen den Tatverdächtigen sei inzwischen entkräftet, sagte Sonntag. Der 18-jährige war auch diesmal von den Ermittlern vernommen worden, präsentierte jedoch ein wasserdichtes Alibi. Auch die Malaysierin habe erklärt, dass der Mann nicht beteiligt gewesen sei, sagte Schnittcher. In Schildow angesprochene Passanten berichten davon, dass es im Ort Skinheads gebe, die sich im Sommer an einem Kiessee träfen. Für Hinweise zur Ergreifung der Täter wurde eine Belohnung von 6000 Mark ausgesetzt.

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