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Brandenburg: Spargel bringt keinen Stich für Arbeitslose

Bauern haben kein Interesse an deutschen Saisonkräften: Sie beschäftigen bei der Ernte lieber Polen

Beelitz - Auf den Spargelhöfen rund um Beelitz laufen die Ernte-Vorbereitungen auf Hochtouren. Überall werden die Unterkünfte für die Spargelstecher hergerichtet, die traditionell mehrheitlich aus Polen kommen. Bis zur offiziellen Saisoneröffnung am 21. April erwarten die Landwirte zwischen Klaistow, Schlunkendorf und Beelitz fast 3000 Männer und Frauen aus dem Nachbarland, die hier in zwei Monaten so viel verdienen können wie zu Hause im ganzen Jahr.

Der Anteil von Deutschen hält sich dagegen trotz Hartz IV und verschärften Zumutbarkeitsregeln für die Annahme eines Jobs in engen Grenzen. Der Vorstoß der Bundesagentur für Arbeit vom Wochenende, mehr Arbeitslose als Erntehelfer einzusetzen, stößt bei den meisten Spargelbauern auf Kopfschütteln. „Wer diesen Vorschlag gemacht hat, müsste sofort entlassen werden“, schimpft Manfred Schmidt, Chef des Beelitzer Spargelvereins. „Das zeugt von einer totalen Unkenntnis der Situation.“ Es gebe in der Region keine Bewerber für die harte Arbeit auf den Spargelfeldern. „Schon vor 140 Jahren kamen Erntehelfer aus Schlesien, Pommern oder Ostpreußen ins heutige Brandenburg“, sagt Schmidt. „Sie sind bis heute hoch motiviert, bestens vorbereitet und arbeitshungrig. In der kurzen Zeit wollen sie so viel wie möglich verdienen.“

Mit ihrem Einsatz sicherten die ausländischen Saisonkräfte nicht zuletzt die Arbeitsplätze von deutschen Angestellten, die sich vor allem um die Reinigung, Verpackung und den Verkauf der Stangen kümmern. Die Konkurrenz der Spargelproduzenten in Europa sei hoch, „da können wir unsere Betriebe nicht durch ungelernte und möglicherweise unwillige Arbeitslose gefährden.“

Rückendeckung erhalten die Bauern von Agrarminister Dietmar Woidke (SPD). In den vergangenen Jahren habe es immer wieder Versuche gegeben, Langzeitarbeitslose für die Spargelsaison zu gewinnen. „Nach zwei, drei Tagen kam oft nur noch die Hälfte der Menschen zur Arbeit, weil die körperliche Beanspruchung sehr hoch ist“, sagt Woidke.

Die Arbeitsagenturen erteilen den Unternehmen erst dann eine Genehmigung für ausländische Saisonarbeitskräfte, wenn sie keine deutschen Kräfte gefunden haben. „Wir sprechen schon seit langem gezielt Arbeitslose an, sich für einen Job als Erntehelfer zu bewerben“, sagt Isabel Wolling, Sprecherin der Potsdamer Arbeitsagentur. „Gerade Jugendliche ohne Ausbildungsplatz erhalten Angebote. Empfänger des Arbeitslosengeldes II könnten unter bestimmten Umständen pro Tag 13 Euro Zuschuss erhalten.“

In den vergangenen Jahren habe es regelrechte Trainingsmaßnahmen der Arbeitsagentur auf den Spargelhöfen gegeben. Nennenswert gestiegen sei das Interesse an der Erntearbeit dadurch aber nicht. Wenn sich ein körperlich geeigneter Arbeitsloser von vornherein gegen einen Job auf dem Spargelhof sperre, seien Sanktionen zwar nicht ausgeschlossen. Wenn der Betreffende sich nach wenigen Tagen aber mit einem Attest über Rückenschmerzen krankmelde, sei es kaum möglich, ihm das Gegenteil zu beweisen. Auch die Berliner Arbeitsagenturen bieten die Erntearbeit an, sind bei Sanktionen aber ebenfalls zurückhaltend.

Anders kann das später im Jahr bei der Obst- oder Gurkenernte aussehen: Sie wird überwiegend von deutschen Arbeitern eingefahren, und deren Anteil könnte sich mit Hartz IV noch erhöhen.

Aber auch beim Spargel verweist die Arbeitsagentur auf kleine Erfolge: 2004 sei der Anteil der Deutschen an den Erntehelfern gegenüber 2003 von acht auf 10,5 Prozent gestiegen. Die Bundesagentur stellte rund 324 000 Arbeitserlaubnisse für ausländische Saisonarbeiter aus, davon 280 000 an Polen. In deren Heimat werden Spargelstecher inzwischen dringend gesucht. Die Bauern greifen auf Helfer aus Weißrussland und der Ukraine zurück.

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