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Brandenburg: Spritpreis und Steuer: Diesel ist den Brandenburger Bauern zu kostbar für einen Streik

Mehrere Hundert Brandenburger Bauern haben sich gestern dem Protest der Lkw-Fahrer gegen hohe Spritpreise angeschlossen. Allerdings fuhren nur vereinzelt Traktoren bis ins Berliner Stadtgebiet.

Mehrere Hundert Brandenburger Bauern haben sich gestern dem Protest der Lkw-Fahrer gegen hohe Spritpreise angeschlossen. Allerdings fuhren nur vereinzelt Traktoren bis ins Berliner Stadtgebiet. "Für uns ist der Diesel viel zu teuer und kostbar, dass wir ihn auf den Großstadtstraßen verfahren", sagte Landesbauernpräsident Heinz-Dieter Nieschke. Verärgerte und durch die hohen Kosten an den Tankstellen in ihrer Existenz bedrohte Landwirte trafen sich deshalb zu kurzen Kundgebungen am Berliner Stadtrand. Die Resonanz auf die Aufrufe des Bauernverbandes hielt sich allerdings in Grenzen. Behinderungen des Verkehrs gab es kaum.

"Wir haben gar keine Zeit zum Streik. Gerade jetzt ist überall Erntezeit", meinte der Fahrer eines Viehtransporters auf einer kurzen Versammlung des Barnimer Kreisbauernverbandes bei Lindenberg. "Jede Stunde sinnlos rumstehen, kostet uns bares Geld. Ich weiß gar nicht, wie die Lkw-Speditionen den Verlust durch den Streik tragen." Nur kurz loderte deshalb auch das Mahnfeuer in Sichtweite der Autobahn. Der Niederlausitzer Kreisbauernverband brachte immerhin 40 Traktorenfahrer zusammen, die sich in der Nähe des Autobahndreiecks Spreewald aufreihten und durch lautes Hupen auf sich aufmerksam machten. Die vorbeirasenden Autofahrer dürften kaum die Plakate gelesen haben. Auf ihnen war unter anderem von einer "siebenfach höheren Mineralölsteuer für deutsche Bauern im Vergleich zu Frankreich" die Rede.

In einem offenen Brief hatten Bauernverbandspräsident Nieschke und der Präsident des Gartenbauverbandes, Jürgen Ebel, von diesjährigen Ernteausfällen in Höhe von rund 500 Millionen Mark gesprochen. Der verteuerte Preis für Dieselkraftstoffe schlage landesweit mit Mehrkosten von 130 bis 150 Millionen Mark zu Buche. Die Abordnung der Bauern des Kreises Potsdam-Mittelmark fuhr im Konvoi bis in die Landeshauptstadt. Kreisbauernchef Wolfgang Preuß sprach von einem "skandalösen Umgang der Bundesregieung mit den Landwirten".

Die steigenden Preise für Diesel und Gasöl führten zu einer Kostenexplosion, die nicht mehr auszugleichen sei. Weitere Entlassungen dürften deshalb für viele Betriebe unausweichlich sein. Bei dieser Gelegenheit räumten die Bauern gleich mit einem offensichtlichen Trugschluss auf. In jüngster Zeit seien im Handel die Preise für Mehl zwar gestiegen, doch davon profitierten nicht die Produzenten, hieß es. Wegen der schlechten Ernte durch die lange Trockenheit müssten die Mühlen zusätzlich Korn aus anderen Regionen und Ländern kaufen. Diese Kosten würden sofort an den Kunden weitergereicht.

"Genauso werden wahrscheinlich die Düngemittelproduzenten reagieren", sagte ein Landwirt aus dem südwestlich Berlins gelegenen Glindow. "Alles was Energie braucht, wird teuer. Nur wir Bauern erhalten keinen Ausgleich durch die Regierung." Das sei in Frankreich, Dänemark und Italien ganz anders. Auf sechs bis sieben Prozent schätzen die meisten Betriebe allein die Umsatzeinbußen beim Getreideverkauf durch die gestiegenen Energiekosten.

"Wenn in Deutschland weiter so mit uns umgegangen wird, gibt es allein noch Getreide auf den Feldern. Das Fleisch kommt dann nur aus dem Ausland", erklärte Bernhard Keiling vom Bauernverband Strausberg/Seelow. Davon sind viele Gegenden gerade in Brandenburg gar nicht mehr weit entfernt. Derzeit sind in der Landwirtschaft noch rund 34 000 Menschen beschäftigt. Zur Wende zählte die Statistik rund 180 000 Jobs, die allerdings längst nicht alle in der Produktion zu finden waren.

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