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Im Land der Richter und Denker: Ein Theodor-Fontane-Denkmal steht vor dem Resort Schwielowsee. Zum Skandal fiele ihm bestimmt einiges ein.

© dpa/ZB

Stress im Ferienparadies: Schwielowsee-Skandal weitet sich aus

Die Deutsche Kreditbank muss erklären, warum sie Verbindlichkeiten in Millionenhöhe erließ. Das einstige Vorzeigeprojekt wird zu einem Betrugsfall von immer größerem Ausmaß.

Sie werde zu dem Potsdamer Ermittlungsverfahren in Sachen Resort Schwielowsee nichts mitteilen, sagt Frauke Plaß, die Pressesprecherin der Deutschen Kreditbank (DKB) sehr energisch. Die Potsdamer Niederlassung der Bank war vergangene Woche durchsucht worden, weil auch eine derzeit noch nicht zu beziffernde Anzahl ihrer Mitarbeiter unter Verdacht steht, in einen Fall von besonders schwerem Betrug verwickelt zu sein. Was ursprünglich nach einem Verfahren gegen den illustren, als einstigen Stasi-Mitarbeiter bestens bekannten Hotelbetreiber Axel Hilpert aussah, entpuppt sich jetzt immer mehr als Subventionsskandal größeren Ausmaßes.

Das Resort Schwielowsee, das als Vorzeigeprojekt für eine erfolgreiche Tourismusstrategie in Potsdam-Mittelmark angepriesen wurde, geriet unter dem inzwischen in Untersuchungshaft sitzenden Axel Hilpert nicht nur aus rechtlichen Gründen in schweres Fahrwasser. Ausweislich der veröffentlichten Jahresabschlüsse der Jahre 2006 bis 2009 hatte das mit öffentlichen Mitteln geförderte 38-Millionen-Vorhaben hohe Verluste zu verzeichnen und überlebte offenbar nur dank Stornierung seiner Kreditverbindlichkeiten durch die Hausbank DKB, eine Tochter der Bayerischen Landesbank.

1990 von dem DDR-Bankier Edgar Most gegründet und 1995 durch die Treuhand an die Bayerische Landesbank weiterveräußert, ist das Geldinstitut ein Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Bankensektors, für den letztlich der Steuerzahler bürgt. Die Deutsche Kreditbank ist in der Brandenburgischen Landeshauptstadt eine gute Adresse für Wohltätigkeiten vielfältiger Art. Die Bank hat erst vor wenigen Wochen mit einer Bürgschaft über 1, 4 Millionen Euro das Überleben des Fußballdrittligisten SV Babelsberg 03 gesichert. Ihre Potsdamer Niederlassung ist ein wesentlicher Partner in dem Potsdamer Netzwerk aus Sportvereinen, Politik und Sponsoren, das inzwischen auch Gegenstand eines Untersuchungsausschusses des Landtags ist. Bei Babelsberg 03 fungierte der zurückgetretenen SPD-Politiker Rainer Speer bis vor wenigen Wochen als Vereinspräsident.

Foto: dpa/Bachmann
Foto: dpa/Bachmann

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Die DKB unterstützte darüber hinaus mit hohen Beträgen den Frauenfußballclub Turbine Potsdam, der wiederum von Sozialminister Günter Baaske (SPD) geleitet wird. Der Schweriner Niederlassungsleiter der DKB, Thomas Wichmann, ist auch Mitglied des Verwaltungsrates von Turbine. Ausweislich der Geschäftsberichte erließ die DKB dem Resort und seinen Gesellschaftern Hilpert und dem als Politikberater und Publizist bekannt gewordenen früheren Bild-Chefredakteur Hans-Hermann Tiedje ausstehende Verbindlichkeiten in Höhe von mehreren Millionen Euro.

Die Geschäfte der verlustbringenden Anlage in idyllischer Lage laufen auch über eine Reihe von Tochtergesellschaften. Dabei sollen, so der Verdacht der Ermittlungsbehörden, über manipulierte wechselseitige Rechnungen und in betrügerischer Absicht Vorgänge soweit verschleiert worden sein, dass ein unberechtigter Zugriff auf öffentliche Fördertöpfe erfolgte. Das tatsächliche Geschäftsvolumen wurde dabei angeblich aufgebläht und Leistungen berechnet, die so nicht erbracht wurden. Dies war zuerst dem Landesrechnungshof aufgefallen, der seine Erkenntnisse an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet hatte.

Insgesamt wurde das Resort laut Auskunft der Investitionsbank des Landes direkt mit 9,2 Millionen Euro subventioniert. Hilpert selbst gibt die Zuschüsse in seinen Geschäftsberichten mit 10,4 Millionen Euro an. Die Investitionsbank ILB als möglicher Geschädigter steht, so ihr Sprecher Matthias Haensch, wegen der Angelegenheit in ständigem Kontakt mit den Ermittlungsbehörden. Sie ist bei solchen Fördermaßnahmen im Auftrag des Landes tätig und auch verantwortlich dafür, dass die von Hilpert kommenden Anträge korrekt bearbeitet wurden. Die Hälfte des an Axel Hilpert ausgereichten Geldes stammt aus dem Regionalfonds der EU, der Rest aus Landes- und Bundesmitteln.

Der 63-jährige Hilpert verzichtete in der vergangenen Woche auf eine Überprüfung zu dem gegen ihn erlassenen gerichtlichen Haftentscheid. Dies ist ein deutliches Indiz dafür, dass sich die Beweislage inzwischen verfestigt hat. Hilpert hat es in den vergangenen Jahren verstanden, nicht nur die geschäftliche Schieflage seiner Hotelanlage zu verschleiern, sondern darüber hinaus bekannte Politiker in seine Ferienanlage zu locken. So wurde in dem Resort beispielsweise im Herbst 2008 bei einem Treffen des SPD-Bundesvorstands der Sturz des SPD-Parteichefs Kurt Beck besiegelt. Auch ein Treffen der Finanzminister der G8-Gruppe, der Vertreter der führenden Industrieländer, fand in der weitläufigen Anlage am Seeufer statt. Der frühere Stasi-Mitarbeiter Hilpert, in der DDR mit dem Verkauf von Kunstwerken in den Westen befasst, war mit diesen Veranstaltungen zu einem respektierten Mitglied der Potsdamer Gesellschaft aufgestiegen, nachdem zuvor beispielsweise der heutige Ministerpräsident Matthias Platzeck über viele Jahre hinweg deutlich auf Distanz geblieben war.

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