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Brandenburg: Strittige Fälle auf höchster Ebene

Was die Prüfungskommission vier Brandenburger Spitzenjuristen vorwirft

Trennungsgeld steht Beamten für eine Übergangszeit zu, die an einen neuen Dienstort versetzt werden – unter ganz bestimmten, genau definierten Bedingungen: So muss der Antragsteller schriftlich erklären, dass er und seine Familie „uneingeschränkt umzugswillig“ sind. An diesem Umzugswillen aber es in mehreren der von der Prüfungskommission untersuchten Fällen offenbar gemangelt. Der Tagesspiegel veröffentlicht Einzelheiten aus den Prüfergebnissen.

GUSTAV-ADOLF STANGE

Die Trennungsgeld-Affäre ist durch Vorwürfe gegen Gustav-Adolf Stange ausgelöst worden. An Stange – von Oktober 1999 bis Dezember 2003 Staatssekretär im Justizministerium – hätte nach dem Bericht der externen Kommission kein Trennungsgeld gezahlt werden dürfen, weil „weder die Umzugswilligkeit nachgewiesen war noch ein Wohnungsmangel bestand“. Es geht insgesamt um eine Summe von 33 000 Euro. Stange soll nach dem Bericht die Miete für eine in Berlin ab Mitte November 1999 gemietete Zwei-Zimmer-Wohnung in Höhe von monatlich 1200,70 Mark „rechtswidrig“ erstattet worden sein. Nach Richtlinien des Finanzministeriums lag die Obergrenze für Erstattungen bei maximal 500 Mark. Gegen Stange, der in Münster wohnt, und den ehemaligen Abteilungsleiter im Justizministerium, Manfred Koldehoff, der die Zahlungen genehmigt haben soll, ermittelt seit über einem Jahr die Generalstaatsanwaltschaft. Stange bestreitet die Vorwürfe: Er habe immer korrekte Angaben gemacht. Seine Anwältin Heide Sandkuhl hat die Einstellung des Verfahrens beantragt.

ROLF GRÜNEBAUM

Dem leitenden Oberstaatsanwalt und Sprecher des Generalstaatsanwalts wird der Vorwurf gemacht, durch „vorsätzlich oder fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben“ zu seiner Umzugswilligkeit Trennungsgeld erschlichen zu haben. Gegen Grünebaum läuft ein Disziplinarverfahren. Nach bisherigen Untersuchungs-Erkenntnissen dürfte „von bewusst unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben ... auszugehen sein“: Eine Umzugswilligkeit der Ehefrau des Beamten soll „zu keinem Zeitpunkt“ bestanden haben. Grünebaums Frau, im Schuldienst von Nordrhein-Westfalen beschäftigt, habe nie einen Versetzungsantrag nach Brandenburg gestellt. Die Ehefrau gehe bis heute in Essen ihrer beruflichen Tätigkeit nach. Grünebaum bestreitet die Vorwürfe.

ERARDO RAUTENBERG

Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg, 1993 aus Lübeck nach Brandenburg gewechselt, hat nach Auffassung der externen Prüfgruppe zu viel Trennungsgeld erhalten. Ihm wird aber nicht der Vorwurf falscher Angaben gemacht. Von der Ministerpräsident Platzeck gegebenen Zusage, 5000 Euro zurückzuzahlen, ist Rautenberg inzwischen abgerückt: Die Zahlungen seien „rechtmäßig" erfolgt. Die externe Prüfgruppe war zu einem anderen Ergebnis gekommen: Das Trennungsgeld in Höhe von rund 7000 Euro, das er nach seiner Ernennung zum Generalstaatsanwalt vom 2.März 1996 bis 31.Mai 1997 bezog, habe ihm zum großen Teil nicht zugestanden. Zu dieser Zeit habe in Brandenburg an der Havel „kein Wohnungsmangel“ mehr bestanden. Das heißt, Rautenberg hätte umziehen können. Außerdem hätte der Alleinstehende drei ihm vom Justizministerium angebotene „voll modernisierte“ Wohnungen in der Größe zwischen 71 bis 117 Quadratmetern nicht ablehnen dürfen. Rautenbergs Einwand, seine Wohnung in Neuruppin sei größer und die angebotenen Wohnungen seien nicht mit seinen „repräsentativen Aufgaben vereinbar“ gewesen, liegt nach Ansicht der Kommission „neben der Sache“.

DIETER LIEBERT

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat im Januar vor dem Landtag erklärt, der Präsident des Oberverwaltungsgerichtes Frankfurt (Oder), habe über drei Jahre lang Trennungsgeldzahlungen „in Empfang genommen, die aus unserer Sicht auf falschen Angaben beruhen“. Gegen Liebert, dessen Familie in Münster wohnt, läuft ein Disziplinarverfahren. Der Gerichtspräsident, der die Vorwürfe bestreitet, wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Er soll insgesamt rund 75 000 Euro Trennungsgeld bekommen haben. Die externe Prüfungsgruppe unter Vorsitz des ehemaligen Richters am Bundesverwaltungsgericht Paul Schwarz kam zum Ergebnis, dass Liebert „kein Trennungsgeld zustand“. Gründe: Liebert hatte sich eine Rückkehroption in die Justiz von Nordrhein-Westfalen gesichert, die frühestens am 1. Oktober 1995 beginnen sollte. Daraus folgerte die Kommission, dass er vorher nicht nach Frankfurt (Oder) umziehen wollte. Für „nicht glaubhaft“ wurde Lieberts Behauptung gehalten, in Frankfurt (Oder) oder Umgebung „keine angemessene familiengerechte 5-Zimmer-Wohnung gefunden zu haben“. Ein Makler habe dem Justizministerium bereits im Februar 1993 mitgeteilt, dass er größere Wohnungen mit West-Standard anbieten könne. ma/thm

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