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Brandenburg: Struck zieht über Bombodrom-Gegner her

Verteidigungsminister: Sie sind selbst schuld, wenn Touristen ausbleiben. Die Tiefflüge aber hat er vorerst verschoben

Wittstock. Die Bundeswehr hat die umstrittene Inbetriebnahme des Bombodroms in der Kyritz-Ruppiner-Heide bis zum 30. September ausgesetzt. Die Bundeswehr sicherte gestern zu, dass sie den Luftwaffenübungsplatz nicht wie bislang geplant bereits am Montag in Betrieb nehmen werde.

In einem nichtöffentlichen Erörterungstermin vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht wurde die Einigung erzielt, dass die Bundeswehr das Gelände bei Wittstock nicht nutzen werde, bevor das Gericht eine Entscheidung im anhängigen Eilverfahren getroffen hat, sagte eine Gerichtssprecherin. Diese Entscheidung soll bis 30. September fallen. Jegliche Nutzung des Übungsplatzes durch die Bundeswehr sei nunmehr bis 30. September unzulässig, sagten die Anwälte der Kläger gegen das Bombodrom, Reiner Geulen und Remo Klinger. Sie vertreten mehrere Gemeinden, Bürgerinitiativen, Naturschutzverbände und Tourismusunternehmen. Geulen sagte, mit der vorläufigen Verschiebung der Inbetriebnahme sei die Bundeswehr einer gerichtlichen Entscheidung zuvorgekommen.

Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hatte dem Tagesspiegel bereits zuvor erklärt, eine Verschiebung würde die Leistungsbereitschaft der Luftwaffe nicht beeinträchtigen. Dennoch hatte er mittags bei einem Besuch in Dresden noch die Absicht bekräftigt, den Flugbetrieb in der kommenden Woche aufzunehmen.

Struck warf den Gegnern des Übungsgeländes vor, die Region selbst „schlechtgeredet“ zu haben. Es sei „ein schwerwiegender politischer Fehler“, mit dem Begriff „Bombodrom“ zu arbeiten und so den Eindruck zu erwecken, es sollten dort täglich „-zigtausend Tonnen Sprengstoff explodieren“. „Und jetzt wundert man sich, dass kein Tourist mehr kommt“, sagte der Minister. Tatsächlich werde ausschließlich Übungsmunition zum Einsatz kommen. Die in der Region geäußerten Befürchtungen seien daher unbegründet.

An der Nutzung des Gelände hält Struck aber fest. Es werde für den ordnungsgemäßen Übungsbetrieb der Luftwaffe benötigt.

Mit dem jetzigen Aufschub bleibt dem Gericht Zeit, über den Eilantrag der Kläger zu entscheiden. Diese wollen per einstweiliger Anordnung die Inbetriebnahme bis zu einer Entscheidung im Hauptverfahren verhindern. Die Frist dafür kann nach Ansicht der Anwälte allein in der ersten Instanz ein Jahr betragen.

Nach dem vorgelegten Konzept plant die Luftwaffe jährlich bis zu 1700 Übungseinsätze in Wittstock, was bis zu rund 7500 einzelnen Anflügen entspricht. Wegen der Größe sei das Gelände die einzige Möglichkeit, in Deutschland taktische Flugmanöver unter Kampfbedingungen zu trainieren, so die Militärs. Die Schießplatzgegner befürchten durch die Tiefflüge eine nachhaltige Schädigung des für die strukturschwache Region bedeutenden Tourismus.

Rainer W. During

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