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Brandenburg: Tauziehen um neue Abwahlhürde

Innenministerium: Für Potsdam gilt alte Regelung weiterVON THORSTEN METZNER POTSDAM.Die Potsdamer CDU hat die SPD-Landtagsmehrheit im Verdacht, möglicherweise über eine "Lex Gramlich" die Abwahl des Potsdamer SPD-Stadtoberhauptes verhindern zu wollen.

Innenministerium: Für Potsdam gilt alte Regelung weiterVON THORSTEN METZNER POTSDAM.Die Potsdamer CDU hat die SPD-Landtagsmehrheit im Verdacht, möglicherweise über eine "Lex Gramlich" die Abwahl des Potsdamer SPD-Stadtoberhauptes verhindern zu wollen.Bei der für März im Landtag geplanten Novellierung des Kommunalwahlgesetzes sollen auch die Hürden für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide heraufgesetzt werden.Während das Abwahlbegehren gegen Gramlich nach Vorstellung der Potsdamer SPD von der Verschärfung der Quorums für Bürgerentscheide doch betroffen sein könnte, erteilte das Innenministerium dem am Montag eine Absage. Am 9.Februar wollen CDU, Bürgerbündnis, Bündnisgrüne und die Kampagne gegen Wehrpflicht in der Stadt mit den Unterschriftensammlungen beginnen.Zwar bestritt SPD-Landtagsfraktionssprecher Ingo Decker jeglichen Zusammenhang zwischen dem seit fast zwei Jahren vorbereiteten SPD-Gesetzesvorhaben und der aktuellen Rathauskrise.Dennoch könnte die bevorstehende Novellierung des Kommunalwahlgesetzes, das im März den Landtag passieren soll, plötzlich zusätzliche Brisanz durch das Potsdamer Abwahlbegehren bekommen. Zum Hintergrund: Um einen direkt gewählten Bürgermeister vorzeitig abwählen zu können, ist schon heute ein kompliziertes Prozedere zu durchlaufen.Danach müssen sich zunächst zehn Prozent der Wahlberechtigten in Unterschriftenlisten für eine Abberufung aussprechen, damit ein Bürgerentscheid einberufen wird.Dieser ist dann erfolgreich, wenn sich eine Mehrheit der Teilnehmer, mindestens jedoch 25 Prozent der Wahlberechtigten (!) für eine Abberufung des Amtsinhabers aussprechen.In Brandenburg an der Havel scheiterten zwei Versuche, den dortigen SPD-Oberbürgermeister Helmut Schliesing auf diesem Wege zu stürzen.Beide Quoren wollen Innenministerium und SPD-Landtagsfraktion gegen den Widerstand besonders der PDS kräftig erhöhen, um das sogenannte "Bürgermeister-Kegeln" im Land zu erschweren.So sollen künftig die Unterschriften von 25 Prozent statt bisher von 10 Prozent der Wahlberechtigten nötig sein, um einen Bürgerentscheid einzuberufen. Zwar gilt in SPD-Fraktion, im Innenministerium, aber auch in der CDU als unstrittig, daß für das am Montag startende Potsdamer Abwahlbegehren die bisherige 10-Prozent-Hürde gilt, für die in Potsdam rund 10 000 Unterschriften gesammelt werden müßten.Der politisch-brisante Streitpunkt liegt beim zweiten Schritt: Wird für den möglichen Bürgerentscheid in Potsdam, der erst nach Inkrafttreten der Novelle stattfinden würde, noch das alte 25-Prozent-Quorum gelten - oder schon die verschärfte Neuregelung? In der SPD-Fraktion geht man bislang davon aus, daß ab Inkrafttreten des Gesetzes (erwartet für April) für alle Bürgerentscheide im Land bereits die neue Regel gilt.Da dann jeder dritte Wahlberechtigte - nicht Abstimmungsteilnehmer - für eine Abberufung stimmen müßte, spekuliert auch die Potsdamer SPD darauf, weil damit eine Abwahl Gramlichs fast unmöglich würde.Mit einem solchen Quorum, warnt CDU-Kreischef Wieland Niekisch vor der "Lex Gramlich", "wäre Stolpe bei den letzten Landtagswahlen nicht nicht Ministerpräsident geworden." Das Brandenburger Innenministerium hat gestern seine Prüfung abgeschlossen.Die Juristen kamen nach Auskunft von Sprecher Manfred Füger zu dem Ergebnis, daß begonnene Verfahren nach der alten Rechtslage durchzuführen sind.Um Mißverständnisse zu vermeiden, will das Ministerium dem Landtag empfehlen, dies mit Blick auf die Potsdamer Situation "klarzustellen".

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