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Brandenburg: Theoretisch gläsern, praktisch trüb

Streit um transparente Behörden mit Akteneinsicht für jedenVON THORSTEN METZNERPOTSDAM.Als erstes Bundesland hat sich Brandenburg verpflichtet, seine Behörden transparent zu machen.

Streit um transparente Behörden mit Akteneinsicht für jedenVON THORSTEN METZNERPOTSDAM.Als erstes Bundesland hat sich Brandenburg verpflichtet, seine Behörden transparent zu machen.Laut Artikel 24 der Landesverfassung hat jeder Märker das Recht, Einsicht in (fast) jede Verwaltungsakte zu nehmen.Doch das Ausführungsgesetz wird von der Stolpe-Regierung seit Jahren verzögert.Nun wächst im Landtag der Druck von SPD und PDS.Am Freitag kritisierte auch der Landesdatenschutzbeauftragte Dietmar Bleyl das jahrelange Zögern.Andere Bundesländer haben indes Bedenken gegen den Brandenburger Sonderweg angemeldet. Angeblich drohen sogar einige Länder, ihren Aktenverkehr mit Brandenburg zu stoppen, falls Akteneinsicht für jedermann in Brandenburg möglich werde.Das wollte Manfred Füger, Sprecher des Potsdamer Innenministeriums, zwar nicht bestätigen."Aber die Stellungnahmen gehen in diese Richtung", sagte Datenschützer Bleyl.Offenbar werde befürchtet, daß interne Stellungnahmen und Papiere ihrer Regierungen dann via Brandenburg an die Öffentlichkeit kommen. Dagegen hält Brandenburgs Datenschutzbeauftragter Bleyl diese Bedenken ebenso für übertrieben wie die Sorge, daß die Verwaltungen durch einen zu erwartenden Bürgeransturm zusammenbrechen und die dann anfallenden Mehrkosten astronomische Größe annehmen köntnen.Schließlich werde schon die bestehende Möglichkeit, Einsicht in Akten über die eigene Person zu nehmen, in der Praxis kaum wahrgenommen.Bleyl hob hervor, daß Brandenburger Behörden großzüger Akteneinsicht gewähren würden als die übrigen Länder.Generell zeigte er sich überzeugt, daß Datenschutz und Akteneinsicht sich vereinbaren lassen.Bleyl verwies darauf, daß sich in den skandinavischen Ländern und den Vereinigten Staaten dieses allgemeine Akteneinsichtsrecht bewährt habe."In Schweden gibt es so etwas seit 1766." Er bestätigte, daß sich die allgemeine Akteneinsicht auch auf kommunale Bauleitplanung - also auf Gutachten oder Stellungnahmen von Ämtern - beziehen würde. Zugleich beklagte er, daß Brandenburgs Regierung sich nun bereits einige Jahre Zeit läßt, um das Verfassungsgebot von 1992 umzusetzen.Bleyl: "Sie kommt offenbar nicht mit sich ins reine." Auch der PDS-Opposition, die seit Jahren das Gesetz angemahnt hat, reißt der Geduldsfaden.So hatte am 20.Januar Innenminister Ziel auf eine Anfrage der PDS geantwortet, daß der Regierungsentwurf gegen Ende des ersten Quartals dem Landtag zugeleitet werden könne - der Termin ist verstrichen.Der PDS-Abgeordnete Michael Schumann erinnert daran, daß die Regierung mehrfach Fristen für das Gesetz - durch Mehrheitsentscheid im Landtag beschlossen - ignoriert habe."Daß die Exekutive Schwierigkeiten mit der Materie hat, mag sein.Entscheidend ist, daß die Verfassung ein solches Gesetz fordert." Zugleich warnte Schumann davor, das Recht auf Akteneinsicht durch eine Fülle von Ausnahmeklauseln auszuhebeln."Das Grundrecht darf nicht angetastet werden." Im Innenministerium erklärt man dagegen die zähe Gesetzes-Geburt unter anderem mit dem Widerstand aus Ministerien gegenüber dem seit Herbst vorliegenden Referentenentwurf.Bedenken des Wirtschaftsministeriums, Geheimnisschutz von Betrieben sie nicht ausreichend gesichert, sind jedoch inzwischen ausgeräumt, sagte Sprecher Stefan von Senger."Wir haben auch keine Sorge, daß das Gesetz dem Investitionsklima Brandenburgs schaden könnte." Jetzt will sich auch die SPD-Mehrheitsfraktion nicht länger vertrösten lassen."Wir machen Druck - es muß etwas passieren muß", meinte SPD-Fraktionssprecher Michael Donnermeyer."Der Verfassungsauftrag muß erfüllt werden." Dem Vernehmen nach wollen sich Ministerpräsident Manfred Stolpe, SPD-Landeschef Reiche und Fraktionschef Birthler zusammensetzen, um das Thema noch vor der Sommerpause vom Tisch zu bekommen.

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