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Tourismus: Potsdam in Sorge wegen Bahnsperrung

Die Sanierungspläne der Bahn kollidieren mit der Empfehlung der Potsdamer Tourismusbranche an ihre Tagesgäste, per Zug in die Stadt zu reisen. Bis mindestens Ende 2014 wird die Strecke teil- oder komplett gesperrt.

Von Matthias Matern

Die Beeinträchtigungen im Regionalbahnverkehr infolge der Bauplanung für die Strecke Potsdam–Berlin werden weit umfangreicher ausfallen als gedacht. Nicht nur der bei Pendlern besonders beliebte RE 1 würde ab Dezember ein Jahr lang nicht mehr am Potsdamer Hauptbahnhof halten, auch die Anbindung des Medienstandortes Babelsberg wäre gekappt. Für den RE 7 aus Wünsdorf-Waldstadt über Berlin-Alexanderplatz wäre ebenfalls in Wannsee Schluss. Abgehängt wäre somit das gesamte Gewerbegebiet an der Wetzlarer Straße, der Filmpark Babelsberg und der Potsdamer RBB-Standort. „Sollte sich die Bahn für den Plan entscheiden, wäre auch der RE 7 betroffen. Der Bahnhof Medienstadt Babelsberg wird dann nicht mehr angefahren“, sagte Elke Krokowski vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB).

Hintergrund ist die Absicht der Bahn, die Fernbahnstrecke zwischen Berlin-Charlottenburg und Wannsee komplett zu sperren und umfangreich zu sanieren. Fahren würde lediglich die S-Bahnlinie S 7, sofern ein strenger Winter nicht wieder zu Einschränkungen führt. Im März will die Bahn über das Konzept entscheiden. Unternehmen, die Potsdamer Industrie- und Handelskammer (IHK), sowie Touristiker der Stadt befürchten deutlich längere Anfahrtzeiten für Mitarbeiter und Touristen, zumal parallel auch die Avus (A 115) zum Nadelöhr wird. Ab diesem Frühjahr bis wenigstens Ende 2014 wird dort gebaut und die Strecke zeitweise teilgesperrt. Bei der Stiftung preußischer Schlösser und Gärten (SPSG) herrscht deshalb Unverständnis: Ein Großteil der Besucher sind Touristen, die ihr Quartier in der Hauptstadt aufschlagen und ihren Aufenthalt mit einem Ausflug nach Potsdam verbinden würden, teilte die Stiftung mit.

Nach Angaben der Tourismus Marketing Brandenburg GmbH (TMB) wurden 2009 allein 18,3 Millionen Tagesreisen nach Potsdam verzeichnet. „Die kommen nicht ausschließlich, aber in großer Zahl aus Berlin“, sagte TMB-Geschäftsführer Dieter Hütte. „Wir werben seit Jahren bei unseren Tagesgästen dafür, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln aus Berlin anzureisen. 2012 haben wir zudem mit der Ausstellung zum 300. Geburtstag von Friedrich II. im Neuen Palais ein wichtiges touristisches Highlight, das sicherlich zusätzliche Gäste aus Berlin nach Potsdam bringen kann. Es stellt sich die Frage, warum solche Baumaßnahmen ausgerechnet zu solch einem Zeitpunkt laufen müssen. Das wäre so, als wenn die Bahn zur Bundesgartenschau 2001 die Strecken dichtgemacht hätte“, sagte Hütte.

Aus Sicht der Fachhochschule Potsdam wäre die Doppel-Einschränkung sogar „fatal“. „Nur etwa ein Drittel unserer Studenten leben in Potsdam. Der Rest pendelt täglich nach Berlin oder ins Umland“, sagte Birgit Lißke, Referentin von Rektor Professor Johannes Vielhaber. Auch hunderte Arbeitnehmer wären betroffen: Sorge äußerten gestern Vertreter des Potsdamer Katjes-Werks und der Filmstudios. Und beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wird bereits an einem Notfallplan gebastelt.

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