zum Hauptinhalt

Brandenburg: Trennungsgeld-Affäre: Oberstaatsanwalt auf der Anklagebank

Jurist soll Heimfahrten abgerechnet haben, die er nie antrat. Sein Verteidiger spricht von „tendenziösen Ermittlungen“

Potsdam. Erstmals muss sich ein Brandenburger Jurist wegen der Trennungsgeld-Affäre auf der Anklagebank verantworten: Vor dem Potsdamer Amtsgericht begann am gestrigen Dienstag der Prozess gegen den Neuruppiner Oberstaatsanwalt Rüdiger H., dem die Staatsanwaltschaft beim Bezug von Trennungsgeld und Reisebeihilfen Betrug in 27 Fällen vorwarf. Dabei soll dem Land ein Schaden von rund 2000 Euro entstanden sein. Der Angeklagte, der sich als Mobbing-Opfer sieht, bestreitet die Vorwürfe. Sein Anwalt, Veikko Bartel, sprach von „tendenziösen Ermittlungen“ und sagte: „Jeder Kriminelle bekommt ein faireres Verfahren als jemand aus dem eigenen Stall.“

Der ehemals bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft und später in Neuruppin tätige Aufbauhelfer aus Nordrhein-Westfalen hatte in den Jahren 2000 bis 2002 regelmäßig Trennungsgeld und Reisekostenbeihilfen für Heimfahrten beantragt. Dies steht Beamten bei getrennten Wohn- und Dienstorten zu. Die Staatsanwaltschaft wirft Rüdiger H. vor, sich diese Entschädigungen „durch das Verschleiern seiner tatsächlichen Lebensumstände“ erschlichen: Er habe der Bewilligungsstelle verschwiegen, dass er damals bereits in Scheidung und in einer neuen Beziehung lebte. So habe er keine der angegebenen zwölf Heimfahrten nach Mülheim an der Ruhr wirklich angetreten.

Eine Kollegin aus der Potsdamer Behörde sagte aus, sie habe H. zu einem der fraglichen Zeitpunkte in Berlin gesehen. Oberstaatsanwalt H. behauptet hingegen, trotz der laufenden Trennung regelmäßig nach Mühlheim gefahren zu sein. „Das Leben ist bunter, als mancher denkt.“ Er räumte lediglich ein, in Anträgen in zwei Fällen irrtümlich falsche Reise-Daten angegeben zu haben.

Was stimmt, ließ sich am ersten Prozesstag nicht aufklären. Die auf Antrag der Staatsanwaltschaft als Zeugen geladene Ehefrau sowie die drei Söhne verweigerten unter Berufung auf das Zeugnis-Verweigerungsrecht die Aussagen. Da dies abzusehen war, sprach Verteidiger Bartel von „schikanösem Vorgehen“ der Staatsanwaltschaft. Da die Reisekosten von Zeugen erstattet werden, seien Gerichtskosten in „vierstelliger Höhe" entstanden. Anträge der Verteidigung, das Verfahren wegen einer fehlerhaften Anklageschrift einzustellen, lehnte das Gericht ab. Amtsrichter Francois-Ataire Eckardt deutete aber an, dass er durchaus Mängel sieht. Das Verfahren sei aber „noch vertretbar“.

Einen ersten Erfolg hatte Oberstaatsanwalt H. bereits vor dem Prozess errungen: Er ist trotz der Anklage gegen ihn nach wie vor als Staatsanwalt tätig: Das Justizministerium war vor dem Richterdienstgerichtshof mit dem Versuch gescheitert, ihn bis zur Klärung der Vorwürfe vom Dienst zu suspendieren. Für Bartel steht fest, dass die Staatsanwaltschaft ein Exempel statuieren will: So habe sie, weil sich H. im Dienst Kopien von Akten machte, ein Regressverfahren eingeleitet – wegen der Kopierkosten für rund 40 Blatt. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false