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Freund und bezahlter Helfer? Die Hamburger Polizei bittet zur Kasse, wenn sie zu Bagatellunfällen gerufen wird. Das könnte ein Vorbild für Brandenburg sein.

© imago stock&people

Unfallhilfe: Brandenburgs Innenminister prüft "Blaulicht-Steuer"

Bislang ist die Hilfe der Brandenburger Polizei bei Blechschäden gratis. Nun entdeckt das Land Bagatellunfälle als Einnahmequelle.

Potsdam - Brandenburg prüft die Einführung einer „Blaulicht-Steuer“: Autofahrer sollen künftig eine Gebühr zahlen, wenn sie bei Blechschäden die Polizei rufen. Im Gespräch sind 40 Euro. Vorbild ist Hamburg. In der Hansestadt hat der Senat Ende September diese „Kostenbeteiligung bei leichten Verkehrsunfällen“ bereits beschlossen. Erfunden wurde die Abgabe allerdings schon 2008 in Österreich. Hamburg erhofft sich aus den Einnahmen bis zu 1,3 Millionen Euro für die Stadtkasse. Offen wird die Blaulicht- Steuer als „Konsolidierungsbeitrag“ für den notleidenden Haushalt bezeichnet.

„Wir werden uns die Erfahrungen der Hamburger Kollegen genau ansehen“, teilte Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) am Freitag mit. Das Ergebnis der Prüfungen sei völlig offen, hieß es weiter. Woidke sieht vor allem die „Lenkungsfunktion“ dieser Gebühr, weniger die Vorteile für den Haushalt. Die Polizei werde entlastet, wenn sie nicht mehr zu Blechschäden auf Parkplätzen ausrücken müsse, sondern sich um ernste Sachen kümmern könne. In Brandenburg sei die Idee bekannt, aber bisher nicht weiter verfolgt worden und deshalb bei der erst in diesem Jahr aktualisierten entsprechenden Gebührenverordnung auch unberücksichtigt geblieben.

Diskutiert wird das Thema bundesweit und auch in Berlin seit Jahren. 2006 hatte der damalige Polizeivizepräsident Gerd Neubeck vorgeschlagen, dass die Polizei auf die Aufnahme von Bagatellunfällen verzichten könnte, wenn alle Autos einen Unfalldatenspeicher (UDS) erhalten. Doch damit stieß Neubeck auf breite Ablehnung, die Idee versandete ebenso wie 2002 der Vorschlag der Reformkommission des Abgeordnetenhauses. In seltener Einmütigkeit hatten Polizeipräsident und Polizeigewerkschaft dies jeweils abgelehnt. Die Argumente werden immer noch im Präsidium genannt: Bei der Aufnahme von Blechschäden werden quasi nebenbei jährlich 30 000 Fälle von Trunkenheits- und Drogenfahrten aufgedeckt, Fahrer ohne Lizenz erwischt oder Schrottfahrzeuge aus dem Verkehr gezogen. Die Unfallverursacher müssen zudem Bußgelder in Millionenhöhe zahlen. „Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten ist eine gesetzliche Aufgabe der Polizei, die der Verkehrssicherheit dient – und keine Dienstleistung für die Unfallbeteiligten“, sagte Polizeisprecher Thomas Goldack. Deshalb heißt es auf dem Internetauftritt der Polizei weiterhin: „Wenn auch nur ein Beteiligter es wünscht, muss der Unfall polizeilich aufgenommen werden.“

Die Brandenburger CDU und die FDP protestierten gestern gegen die „Blaulichtsteuer“. Die FDP sprach von einem „Aprilscherz im Oktober“. CDU-Innenexperte Sven Petke sagte: „Die Polizei ist für die Sicherheit unserer Bürger und nicht für die Sanierung des Haushalts da.“ Das sieht Hamburgs Innensenator Heino Vahldieck wohl anders. Er ist übrigens Mitglied der CDU.

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