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Brandenburg: Unternehmer kritisieren Platzeck als Fusions-Bremser

Werbeverein für Länderehe hält Volksabstimmung im Jahr 2006 noch für realistisch – und plädiert für gemeinsamen Namen „Brandenburg“

Potsdam. Der Pro-Fusions-Verein „Perspektive Berlin-Brandenburg" hat Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) kritisiert. Der Vorsitzende, der Berliner Unternehmer Hartwig Piepenbrock, nannte es am Freitag in Potsdam „enttäuschend", dass Platzeck sich von dem Fahrplan für die Länderehe verabschiedet habe, auf den sich beide Landesparlamente klar verständigt hatten. Dieser sah die Volksabstimmung für das Jahr 2006 zeitgleich zur Bundestagswahl und die Fusion für das Jahr 2009 vor. Der Fahrplan könne noch eingehalten werden, wenn das Bundesverfassungsgericht bis 2005 über eine Entschuldung Berlins durch den Bund entscheide, erklärte Piepenbrock. Er forderte allerdings ein „Signal der Bundesregierung“, die Vereinigung von Berlin und Brandenburg zu unterstützen – als Modell für eine Föderalismusreform in der Bundesrepubik.

Dass Platzeck vor wenigen Wochen im Gegensatz zum Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) vom Fusionsfahrplan abrückte, war auch in Berlin kritisiert worden. Brandenburgs Regierungschef hatte dies damit begründet, dass bis 2006 eine Lösung der Berliner Finanzprobleme – Grundbedingung für eine Zustimmung der Märker – unrealistisch sei. Doch nach Auffassung der „Perspektive" sind das falsche politische Signale der Brandenburger Politik, die die Fusionsskepsis der Märker nur nährten und das Werben für das Projekt erschwerten. „Wenn die Politik sich klarer bekennen würde, wäre die Stimmung auch besser“, sagte Piepenbrock. Er sei überzeugt, dass das Abrücken Platzecks mit Blick auf die Landtagswahl im Herbst 2004 geschehen und nicht das letzte Wort des Regierungschefs sei.

Piepenbrock geht allerdings davon aus, dass der Regierungschef, aber auch die Brandenburger CDU und die PDS nach der Wahl im Herbst wieder offensiver mit dem derzeit unpopulären Projekt umgehen werden. Es sei den Brandenburgern zu vermitteln, dass die Fortexistenz von zwei getrennten Ländern eine „gigantische Geldverschwendung" sei. Tatsächlich würde eine Vereinigung von Berlin und Brandenburg nach Berechnungen von Finanzsenator Thilo Sarrazin jährlich rund eine Milliarde Euro freisetzen. Die Hauptstadtregion wäre für die EU-Osterweiterung besser gerüstet, so Piepenbrock, „wenn dieses Geld nicht länger in die Ministerialbürokratie fließen, sondern in die Infrastruktur investiert würde“. Dies käme nach seinen Worten mit Sicherheit auch den „berlinfernen Zonen" Brandenburgs zugute, wo die Ablehnung einer Länderehe nach Umfragen am größten ist. Piepenbrock äußerte sogar Verständnis für manche Brandenburger Sorge, etwa vor dem enormen Schuldenberg Berlins. Dieser rühre im Kern daraus, so der Unternehmer, „dass das alte West-Berlin vor dem Fall der Mauer nie Bundesrepublik war“, sondern eine mit Milliarden künstlich subventionierte „Insel im Sozialismus, die nicht menschenleer werden durfte“.

Der 2000 gegründete Pro-Fusions-Verein, der einhundert Mitglieder zählt, darunter die Industrie- und Handelskammern Brandenburgs, sieht sich als „Bewegung von Unten“. Inzwischen sind in den großen vier Städten Frankfurt/Oder, Brandenburg, Cottbus und Potsdam Freundeskreise gegründet worden. Nur beim Namen für das gemeinsame Land ist Fusions-Werber Piepenbrock strikt gegen „Berlin-Brandenburg“: „Das Land sollte nur Brandenburg heißen.“

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