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Untreueverdacht: Razzia im Landgestüt

Pferdezüchter in Neustadt an der Dosse sind im Visier der Staatsanwaltschaft. Sie ermittelt wegen des Verdachts der Untreue.

Potsdam - Brandenburgs „Sanssouci der Pferde“, das berühmte Landgestüt in Neustadt an der Dosse, steht im Visier der Strafjustiz: Die für Korruptionsdelikte zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft Neuruppin hat jetzt ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen den langjährigen Chef und Landstallmeister Jürgen Müller sowie einen Mitarbeiter eingeleitet. „Es geht um den Verdacht der Untreue“, erklärte Oberstaatsanwalt Frank Winter am Dienstag. Er bestätigte, dass jüngst bei Durchsuchungen im Gestüt und zwei weiteren Objekten Beweismaterial sichergestellt wurde, „etwa zwanzig Umzugskartons mit Unterlagen“. Die Staatsanwaltschaft war von Agrar- und Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) eingeschaltet worden, nachdem eine „Sonderprüfung“ des Wirtschaftsprüfungsinstituts Hansaberatung erhebliche Ungereimtheiten im Finanzgebaren der öffentlichen Stiftung festgestellt hatte, die jährlich über eine Million Euro vom Land erhält. So nehmen die Ermittler jetzt zum einen unter die Lupe, warum das Landgestüt Aufträge zur Bewirtschaftung von Flächen in den Jahren 2004 bis 2008 über rund 72 000 Euro ausgerechnet an den Landwirtschaftsbetrieb eines Vollzeit-Gestütsmitarbeiters vergeben hatte – obwohl günstigere Angebote der örtlichen Agrargenossenschaft Sieversdorf vorlagen. Zum anderen prüfen die Staatsanwälte undurchsichtige Geschäftsbeziehungen des Gestüts zum Parkhotel St. Georg, das die Ehefrau von Landstallmeister Müller betreibt. Von 2005 bis 2007 hatte es dem Gestüt danach Leistungen über 10 258 Euro berechnet. Bei vier Belegen über 1708 Euro sei der Anlass der Abrechnung des Hotels „nicht erkennbar“, so die Wirtschaftsprüfer. Nachdem der Landesrechnungshof bereits vor zwei Jahre in der Buchhaltung des Gestüts erhebliche Defizite gerügt hatte, war zudem die „Sonderprüfung“ jetzt erneut zu diesem Ergebnis gekommen. Auffällig fanden sie auch, dass Fahrtenbücher für Dienstwagen schlampig geführt wurden. Auch seltsame Vermittlungsprovisionen beim Verkauf von gestütseigenen Pferden wurden registriert. Das Landgestüt, das von der Untreue-Affäre belastet wird, gilt als ein Wahrzeichen der Mark. Es war 1788 von König Friedrich Wilhelm II. gegründet worden. Mit seiner weitläufigen 400 Hektar großen Anlage, zwei markanten denkmalgeschützten Gutshöfen, Koppeln und Alleen, ist es in Europa eins der größten seiner Art. Zu den wichtigsten Aufgaben der 14 Mitarbeiter gehört die Züchtung von Rassepferden. Und doch haben sich hier, heißt es etwa im Agrarausschuss, Eigenleben und Filz ausgebreitet.

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