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Brandenburg: V-Mann S. agierte jenseits des Gesetzes Schönbohm umging Dienstweg/ Erste Rücktrittsforderungen

Potsdam. Innenminister Jörg Schönbohm und der Verfassungsschutz geraten wegen der V-Mann-Affäre weiter unter Druck: Die PDS warf beiden am Montag „Dienstpflichtverletzungen“ vor.

Potsdam. Innenminister Jörg Schönbohm und der Verfassungsschutz geraten wegen der V-Mann-Affäre weiter unter Druck: Die PDS warf beiden am Montag „Dienstpflichtverletzungen“ vor. Der V-Mann Toni S. habe mit Wissen und im Auftrag des Verfassungsschutzes Straftaten begehen dürfen, obwohl die rechtliche Grundlage dafür fehle. Damit sei gegen Brandenburgs Verfassungsschutzgesetz verstoßen worden. Beim Koalitionspartner SPD stieß auf Unverständnis, dass Schönbohm Berlin wegen begangener Indiskretionen am Wochenende ein Einfrieren der Zusammenarbeit angedroht hatte. Dies sei eine falsche Antwort, sagte SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch.

Auch Fritsch schloss Dienstpflichtverletzungen wegen der von dem V-Mann Toni S. im Auftrag des Verfassungschutzes begangenen Straftaten nicht aus. „Es wurde möglicherweise übersehen, dass die Ermächtigungsgrundlage fehlt.“ Zuvor hatte die PDS-Abgeordnete Kerstin Kaiser-Nicht, die der für den Verfassungsschutz zuständigen Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) angehört, aufgedeckt, dass die laut Gesetz notwendige Dienstvorschrift gar nicht existiert, die den Rahmen für Straftaten von V-Leuten abstecken muss. Das ist insofern brisant, als Brandenburgs Verfassungsschutzgesetz selbst grundsätzlich festlegt, dass V-Leute keine Straftaten begehen dürfen. Mögliche Ausnahmen müssen laut Gesetz in einer speziellen Dienstvorschrift, die der PKK vorzulegen ist, festgelegt werden. Verfassungsschutz-Chef Heiner Wegesin bestätigte gegenüber Kerstin Kaiser-Nicht, dass eine solche Dienstvorschrift nicht existiert.

Damit habe das Innenministerium, so die PDS-Politikerin, „den V-Männern unter Umgehung des Gesetzes einen Freibrief gegeben". Kaiser-Nicht forderte deshalb kurzfristig die vom Gesetz vorgeschriebene Dienstvorschrift „zur Begrenzung von Propagandadelikten beim Einsatz von V-Leuten". Auch Fritsch erhob diese Forderung. Es sei ziemlich eindeutig, was das Gesetz wolle: „Nämlich eine genaue Eingrenzung jener Straftatbestände, für die bei V-Leuten Ausnahmeregelungen gelten.“

Wegen des „enormen Aufklärunsgbedarfs“ forderte Kaiser-Nicht, die für den 22. August geplante Sondersitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) auf den morgigen Mittwoch vorzuziehen. Ansonsten werde sie für die Landtagssitzung eine „Berichterstattung des Innenministers Jörg Schönbohm zur V-Mann-Affäre“ beantragen. Die PDS-Politikerin sprach von einem „unerträglichen Zustand". Der Innenminister komme gesetzlichen Aufklärungspflichten nicht nach. Die PDS verlange noch in dieser Woche einen detaillierten Bericht des Innenministers über die Vorgänge. Danach werde die PDS über mögliche Rücktrittsforderungen beraten. Die Berliner Grünen forderten bereits gestern den Rücktritt von Schönbohm und Wegesin, weil sie dem in Berlin verhafteten V-Mann den Rücken freigehalten hätten. Michael Mara

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