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Verdacht auf Bestechung: Verräter im Ministerium gesucht

Wurden Untersuchungen wegen Korruption durch Indiskretionen behindert? Ex-Innenminister Speer lehnte Ermittlungen in seinem Amt ab.

Es ist ein Fall, bei dem die Ermittler am Ende wegen Verrats von Dienstgeheimnissen aktiv werden. Begonnen hatte alles im August mit einer Razzia in Kiel. Dabei stießen die Anti-Korruptions-Beamten des brandenburgischen Landeskriminalamts (LKA) auf den Hinweis für einen Bestechungsskandal in Kommunen und Behörden. Es war die Liste einer auf „Mehrtages-Angelreisen mit Kreuzfahrt-Charakter“ spezialisierten Agentur, Darauf befanden sich die Namen von 14 Amtsträgern und Bediensteten aus Brandenburg.

Sie sollen sich einen luxuriösen Hochsee-Ausflug gegönnt haben, finanziert von der Entsorgungs- und Umweltservicefirma FFK environment GmbH in Peitz. Die FFK gibt hierzu an, dass die Amtsträger und Bediensteten nicht von ihr, sondern von einer anderen Firma zu dem von der FFK mitfinanzierten Ausflug eingeladen worden seien. In der Lausitz geriet die Firma im Juli wegen eines Großbrands auf einer nicht genehmigten Mülldeponie in die Schlagzeilen.

Nun ermittelt die Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft für Korruption in Neuruppin gegen die Geschäftsführer der FFK, Frank und Friedrich K., wegen des Verdachts auf Bestechung und Vorteilsgewährung und gegen die 14 Gäste der Angelreise wegen Bestechlichkeit und Vorteilsannahme. Über Details und das Ausmaß des Falls wollte der Leitende Oberstaatsanwalt Gerd Schnittcher keine Angaben machen. Erste Ergebnisse der Ermittlungen könnten erst in einigen Wochen bekannt gegeben werden.

Im Fall der Angel-Reise beantragte die Staatsanwaltschaft Ende August, im brandenburgischen Innenministerium wegen Verrats von Dienstgeheimnissen ermitteln zu dürfen. Das aber hat der SPD-Politiker Rainer Speer kurz vor seinem Rücktritt als Innenminister unterbunden. Von Gesetzes wegen muss er in solchen Fällen eine Ermächtigung erteilen, lehnte aber den Antrag der Staatsanwaltschaft ab. Damit habe die Behörde das Verfahren „aus Rechtsgründen“ nicht aufnehmen können, sagte Oberstaatsanwalt Schnittcher.

Nach Tagesspiegel-Informationen soll ein hochrangiger Beamter aus Speers direktem Umfeld eine interne, für den Lagedienst des Innenministeriums bestimmte Routinemeldung des LKA an das Infrastrukturministerium weitergeleitet haben. Ein Ministeriumssprecher erklärte nun ausdrücklich, die mutmaßliche Weitergabe „erfolgte nicht durch Staatssekretär Rudolf Zeeb“. Oberstaatsanwalt Schnittcher sagte: „Wir haben keine Kenntnis, wer die Meldung im Innenministeriums abgesetzt hat“.

In der Meldung ging es um das Korruptionsverfahren um den Luxus-Angelausflug. Darin wurden die Leiter zweier Straßenmeistereien im Osten und Süden des Landes als Beschuldigte namentlich genannt. Als Bedienstete des Landesbetriebes für Straßenwesen unterstehen sie dem Infrastrukturministerium. Nachdem dort die polizeiinterne Meldung ankam, wurde die Revisionsabteilung aktiviert und ein Disziplinarverfahren eröffnet. Intern wurde auch einer der beiden Beschuldigten mit den Vorwürfen konfrontiert – „aber ohne Abstimmung mit der Strafverfolgung“, sagte Schnittcher. Die Ermittlungen seien dadurch nicht gefährdet worden. Die Gemeinsame Ermittlungsgruppe Korruption von Staatsanwaltschaft und LKA habe den Beschuldigten schon zuvor zu einer Vernehmung geladen.

Genau darauf beruft sich nun auch das Innenministerium. Es habe sich beim LKA versichert, „dass die – vermutete – Weitergabe der Informationen nicht zu einer Gefährdung“ des Verfahrens geführt hätte, erklärte Ministeriumssprecher Ingo Decker. Daher habe Speer der Staatsanwaltschaft keine Ermächtigung erteilt.

In Justizkreisen herrscht dennoch Verwunderung. Nach Tagesspiegel-Informationen mussten die Ermittler Maßnahmen und Befragungen vorziehen. Nur so habe Schaden verhindert werden können, hieß es intern. Denn bis zur Weitergabe der Informationen aus dem Innen- an das Infrastrukturministerium hätten nur einige Beschuldigte vom Verfahren gewusst – danach ganze Abteilungen der Landesverwaltung. Alexander Fröhlich

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