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Brandenburg: Verheugen weiß Bescheid

EU-Kommissar befiehlt seinen Beamten Betriebspraktika. Ihm reicht ein Besuch

Brandenburg/Havel - Für einen Politiker scheint das offenbar eine seltene Erfahrung zu sein: „Man sieht, was man gemacht hat. Das macht Spaß“, sagt Günter Verheugen und begutachtet sein Werk: Gekleidet in blauer Montur sowie Latzhose samt Namensschild – so wie die anderen Arbeiter der Metallbaufirma Windeck in Rietz bei Brandenburg auch –, hat der EU-Industriekommissar gerade einen gut zwei Meter langen Fensterrahmen aus Metall zurechtgesägt und gefräst. Nun ja, streng genommen war es nicht Verheugen selbst, sondern eine computergesteuerte Maschine. Und der Praktikant Verheugen – von Jugend an ein Kopfarbeiter – mag auch etwas ungelenk gewirkt haben. Für die Fotografen und Fernsehteams gibt es trotzdem nette Bilder.

So sieht es aus, wenn der zweitmächtigste Mann in Brüssel, der EU-Vizepräsident und Industriekommissar im Brandenburgischen die europäische Wirtschafts- Realität erkundet. Gerade hat Verheugen die 350 Beamten seiner EU-Direktion zu einwöchigen Unternehmenspraktika „verdonnert“, wie er sagt. Damit sie Anregungen mitbrächten, wo insbesondere kleinen Unternehmen der Schuh drückt, wo die oft gescholtene Brüsseler Bürokratie abgebaut werden könnte. „Die müssen allerdings richtig arbeiten: Nicht wie ich sich alles ein bisschen zeigen lassen und so tun als ob“, sagt Verheugen.

Es ist eine brandenburgische Vorzeigefirma, die sich der Kommissar zeigen lässt, geführt vom langjährigen Potsdamer Handwerkskammerpräsidenten Klaus Windeck und dessen Sohn Oliver: Die Auftragsbücher sind voll. Die 100 Mitarbeiter, davon zwölf Azubis, stellen Stahl-Glas-Fassaden und Metallfenster her, die zurzeit in 40 Bauprojekten in Deutschland eingesetzt werden. Verheugen macht bei Windecks allerdings, darauf legt er Wert, „kein Praktikum“, sondern nur einen „Betriebsbesuch“. Dies reiche, denn er wisse, wie es in Unternehmen aussehe. „Meine Beamten müssen es lernen.“

In der Windeck-Firma findet man, egal ob Arbeiter oder Chef, die Visite des Kommissars „in der Praxis“ gut. „Das kann doch nie schaden“, sagt etwa Oliver Windeck. Was er Verheugen mit auf den Weg nach Brüssel gibt? Die EU-Ausschreibungen könnten offener werden, sagt er. „Und er soll seinen Leuten sagen, die Bodenhaftung nicht zu verlieren.“ Mit der europäischen Bürokratie allerdings ist es so eine Sache. Es scheint gar nicht so leicht, sie konkret aufzuspüren. In der brandenburgischen Firma Windeck wurde Verheugen jedenfalls nicht fündig.

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