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Vernetzt bis in höchste Stellen: Prozess gegen Hotelbetreiber Hilpert beginnt

Der Hotelbetreiber Axel Hilpert pflegte Kontakte zur Politik und Wirtschaft in Brandenburg. Ab Montag beginnt gegen ihn der Prozess wegen Subventionsbetrugs.

Potsdam - Für Brandenburgs Landeskriminalamt (LKA) war es eine Zitterpartie. Ständig mussten die Fahnder bei den Ermittlungen gegen Axel Hilpert, 64, den Betreiber des Hotelresorts Schwielowsee, auf der Hut sein. Ein Jahr saßen sie an dem Fall, ihre Sorge war groß, dass der für seine besten Drähte zu Politik und Behörden bekannte Verdächtige gewarnt werden und sich nach Kuba oder Florida absetzen könnte. Umso alarmierter waren die Beamten, als sie im Frühsommer 2010 kurz vor der geplanten Festnahme hörten, dass Hilpert den damaligen Innenminister Rainer Speer (SPD) gebeten haben soll, ob das LKA einige Kaufinteressenten für die Anlage auf kriminelle Hintergründe prüfen könne. Verbürgt ist das nicht, aber es wäre typisch gewesen für Axel Hilpert, dem es an Chuzpe nicht fehlte, der sich bis zuletzt sicher fühlte, selbst als Observationsteams auffällig unauffällig vor seinem Haus standen – bis ihm Beamte am 9. Juni 2010 in Potsdam auf der Straße die Handschellen anlegten. Sicher ist, dass das LKA wegen Hilperts Verbindungen zu höchsten Stellen Brandenburgs sensibilisiert war und ganz bewusst nicht einmal das Innenministerium über den Einsatz informiert hatte.

Am kommenden Montag nun beginnt vor der 4. Großen Strafkammer des Landgerichtes Potsdam der Prozess gegen Hilpert, dem die Staatsanwaltschaft Subventionsbetrug in besonders schwerem Fall vorwirft. Hilpert soll die Landesinvestitionsbank (ILB) getäuscht, die Investitionskosten für die Hotelanlage südlich von Potsdam künstlich auf 35 Millionen Euro hochgerechnet und so zu Unrecht Fördermittel von 9,2 Millionen Euro erschlichen haben. Möglich war dies laut Ermittlern nur, weil Baufirmen und Banker von Hilperts Hausbank, der Deutschen Kreditbank (DKB), kräftig geholfen haben sollen. Die Firmen stellten laut Ermittler beispielsweise überhöhte Rechnungen, damit Hilpert den nötigen Eigenanteil für die Förderung aufbringen konnte. Gegen zehn Komplizen laufen noch Ermittlungen, im Visier steht ein ganzes betrügerisches Geflecht. Außerdem soll Hilpert laut Anklage 15 000 Euro Umsatzsteuer hinterzogen und 35 000 Euro aus der GmbH privat abgezweigt haben.

Eine schillernde Figur war er schon immer. Zu DDR-Zeiten handelte er für das Koko-Imperium von Alexander Schalck- Golodkowski mit Antiquitäten, teils von Ausreisewilligen abgepresst, er war inoffizieller Mitarbeiter der Stasi, Auslandsagent und Ehrenoberst der kubanischen Armee, ehe er nach 1990 ins Immobiliengeschäft einstieg und dann ab 2003 mit dem „Resort Schwielowsee“ das ganz große Rad versuchte.

Kein Wunder, dass das Medieninteresse am Prozess immens ist und die 15 vorhandenen Presseplätze deutlich übersteigt. Wenn ab Montag verhandelt wird, acht Prozesstage sind angesetzt, wird Hilpert direkt aus der Haftanstalt in den Gerichtssaal geführt. All seine Versuche, vorher aus der Untersuchungshaft zu kommen, scheiterten. Zuletzt entschied das Oberlandesgericht, dass Hilpert über die gesetzliche Frist von sechs Monaten hinaus hinter Gittern bleibt, wegen des dringenden Tatverdachts und: Fluchtgefahr. Doch nicht nur deshalb wird der Prozess mit besonderer Spannung erwartet. Hilpert, der die Vorwürfe über seine Anwälte bestreiten ließ, schweigt bislang. Und zur Verteidigungsstrategie lässt sich seine Anwältin Heide Sandkuhl, eine der besten im Land, nicht in die Karten gucken. Allerdings dürfte sie herausarbeiten, wie leicht man es Hilpert machte, wie ihn Regierung, ILB und Behörden hofierten. Schon bei der Verteidigung des wegen Betruges verurteilten Vize-Rechnungshofpräsidenten Arnulf Hülsmann hatte Sandkuhl vorgeführt, wie man Strafverteidigung mit politischer Illustration des Umfeldes verflechten kann. Zwar wird bislang nicht gegen Amtsträger vom Land, der ILB ermittelt, auch nicht gegen seinen Geschäftspartner Hans-Hermann Tiedje, den Politik-Netzwerker und Ex-Chefredakteur der „Bild“-Zeitung. Doch fragen sich viele in Potsdam, was nach den Filz-Affären um Krampnitz, Stadtwerke, Babelsberg 03 und weitere Immobilienverkäufe jetzt noch alles hochkommen mag.

Denn Merkwürdigkeiten und unbeantwortete Fragen gibt es im Fall Hilpert genug, Antworten wenige. Wie kam es zur Ausnahmeförderung per Ministerentscheid des damaligen Ressortchefs Ulrich Junghanns (CDU), obwohl das Land eigentlich keine neuen Hotels mehr förderte? Es wird erwartet, dass im Prozess auch die ILB eine Rolle spielen wird. Hat sie die Förderanträge wirklich gründlich geprüft? Und revanchierte sich Hilpert an anderer Stelle, ausgerechnet er, der nach 1990 anfangs von Brandenburgs Politik noch gemieden, dann aber erst von Linken, dann von CDU-Größen und schließlich auch von SPD-Granden umgarnt wurde? Als Brandenburgs Rechnungshof 2009 das Finanzierungskonstrukt für das großzügig geförderte Resort rügte, hatte sich Hilpert mit einem bemerkenswerten Argument verteidigt: Alle hätten doch davon gewusst, er habe stets „mit offenen Karten“ gespielt. Wenn das im Prozess bestätigt werden sollte, bekämen einige in Brandenburg ein Problem.

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